Rz. 579

 

§ 208 BGB – Hemmung der Verjährung bei Ansprüchen wegen Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung

1Die Verjährung von Ansprüchen wegen Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung ist bis zur Vollendung des 21. Lebensjahrs des Gläubigers gehemmt.

2Lebt der Gläubiger von Ansprüchen wegen Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung bei Beginn der Verjährung mit dem Schuldner in häuslicher Gemeinschaft, so ist die Verjährung auch bis zur Beendigung der häuslichen Gemeinschaft gehemmt.

 

Rz. 580

Bei Ansprüchen wegen Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung ist die Verjährung bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres des Gläubigers gehemmt (§ 208 BGB).

 

Rz. 581

Mit dieser Vorschrift[558] wird ein Opferschutz bei Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung parallel zur strafrechtlichen Bestimmung des § 78b I Nr. 1 StGB angestrebt. Im Vordergrund der gesetzlichen Neuregelung stehen diejenigen Fälle, in denen die zur Vertretung der Kinder berufenen Eltern aus vielfältigen Motiven heraus[559] auf die Verfolgung der zivilrechtlichen Ansprüche der Kinder verzichten. Da es bei der 3-jährigen Verjährung (§§ 195, 197 Abs. 1 BGB; früher § 852 Abs. 1 BGB a.F.) auf die Kenntnis des gesetzlichen Vertreters ankommt, schließt § 208 BGB aus, dass Ansprüche noch während der Minderjährigkeit des Opfers verjähren. Mit Erreichen der Volljährigkeit kann das Opfer selbst entscheiden, ob es seine unverjährten Ansprüche dann verfolgen will.

 

Rz. 582

Werden Ansprüche verfolgt und zurückgewiesen, entfällt (wie bei § 207 BGB; siehe Rdn 567) der Schutzzweck von § 208 BGB, den auf gegenseitige Rücksichtnahme gegründeten Familienfrieden vor Störungen durch klageweise Geltendmachung von Ansprüchen zu bewahren.

[558] OLG Hamm v. 28.3.2000 – 6 W 5/00 – VersR 2002, 627 wandte § 204 BGB a.F. analog bei sexuellem Missbrauch der minderjährigen Stieftochter an.
[559] Die Begründung (BT-Drucks 14/6040, S. 119) führt aus: Die Motive reichen von einem Schutz der Kinder vor den mit der Rechtsverfolgung einhergehenden, insbesondere seelischen, Belastungen bis hin zu den eher zweifelhaften Motiven der Rücksichtnahme auf den Täter oder der Angst vor einem Skandal.

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