André Schah-Sedi, Dr. Michael Nugel
Rz. 147
Nach § 18 lit. a) ARB 2008/2000/94 kann der Versicherer den Rechtsschutz ablehnen, weil der durch die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen voraussichtlich entstehende Kostenaufwand in einem groben Missverhältnis zum angestrebten Erfolg steht.
Der Versicherer muss keinen Versicherungsschutz gewähren, wenn die Wahrnehmung rechtlicher Interessen wirtschaftlich im hohen Maße unvernünftige zum erstrebten Erfolg in keinem Verhältnis stehende rechtliche Maßnahmen verursacht, es sich also um Maßnahmen handelt, die auch eine vermögende, unversicherte und wirtschaftliche denkende Partei unterlassen hätte.
Rz. 148
Wenn der Versicherer den Rechtsschutz wegen groben Missverhältnisses ablehnen will, muss er dem Versicherungsnehmer oder dem von ihm beauftragten Rechtsanwalt dies unverzüglich unter Angabe der Gründe schriftlich mitteilen. Darüber hinaus muss der Rechtsschutzversicherer im Rahmen der Ablehnung den Versicherungsnehmer über die Kostenfolge informieren.
Gem. § 18 lit. b) ARB 2008/2000/94 kann der Versicherer den Rechtsschutz auch ablehnen, wenn es sich um Fälle des § 2a–g ARB, also z.B. Arbeitsrechtsschutz oder Wohnungs- und Grundstücksrechtsschutz, handelt, wenn die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.
Rz. 149
Da Strafrechtsschutz (§ 2i ARB) sowie Ordnungswidrigkeitenrechtsschutz (§ 2j ARB) nicht in der obigen Aufzählung (§ 2a–g ARB) enthalten sind, erfolgt im Strafrechtsschutz sowie im Ordnungswidrigkeitenrechtsschutz auch keine Prüfung der Erfolgsaussichten.
Wenn der Versicherer seine Leistungspflicht verneint, weil die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat oder aber mutwillig ist, ist gem. § 128 VVG erforderlich, dass der Versicherungsvertrag ein Gutachten, ein Gutachterverfahren oder ein anderes Verfahren mit vergleichbaren Garantien für die Unparteilichkeit vorsieht, in dem Meinungsverschiedenheiten zwischen den Vertragsparteien des Rechtsschutzversicherungsvertrages über die Erfolgsaussichten oder die Mutwilligkeit einer Rechtsverfolgung entschieden werden.
Rz. 150
In der rechtschutzversicherungsrechtlichen Praxis greifen die Versicherer wahlweise auf ein Schiedsgutachterverfahren oder eine Stichentscheid zurück.
Bei einem Stichentscheid geht es darum, dass der mit dem Fall beauftragte Rechtsanwalt eine Stellungnahme abgibt, ob die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen in einem angemessenen Verhältnis zu dem angestrebten Erfolg steht und ob hinreichende Erfolgsaussichten gegeben sind. Ein solcher Stichentscheid ist für beide Seiten verbindlich. Eine Verbindlichkeit entfällt lediglich, wenn der Entscheid des Rechtsanwaltes offensichtlich von der wirklichen Sach- und Rechtslage erheblich abweicht.
Im Unterschied zu dem Stichentscheid wird bei einem Schiedsgutachterverfahren nicht der mit dem Fall befasste Rechtsanwalt, sondern ein Dritter tätig, um die Sach- und Rechtslage zu bewerten. Dieser Gutachter wird vom Präsidenten der für den Wohnsitz des Versicherungsnehmers zuständigen Rechtsanwaltskammer ausgewählt.
Rz. 151
Das Gutachten des Schiedsgutachters ist nur für den Rechtsschutzversicherer bindend, nicht jedoch für den Versicherungsnehmer.
Der Versicherungsnehmer muss die Kosten eines solchen Schiedsgutachtens übernehmen, wenn der Schiedsgutachter zu dem Ergebnis kommt, dass die Ablehnung durch den Rechtsschutzversicherer zu Recht erfolgt ist. Ansonsten muss der Versicherer die Kosten des Schiedsgutachtens übernehmen, § 18 Abs. 5 ARB 2009.
Der Versicherungsnehmer ist jedoch nicht verpflichtet, vor einer etwaigen Deckungsklage gegen den Rechtsschutzversicherer ein solches Gutachterverfahren einzuleiten. Es handelt sich lediglich um eine Option für den Versicherungsnehmer.