André Schah-Sedi, Dr. Michael Nugel
Rz. 286
Voraussetzung für die Haftung des Halters nach § 7 Abs. 2 StVG ist, dass beim Betrieb eines Kraftfahrzeugs der Schaden eintritt. Die Haftung gem. § 7 Abs. 2 StVG beinhaltet Gefährdungshaftung. Ebenso ist Anspruchsverpflichteter der Halter des Kfz-Anhängers. Die Halter-Gefährdungshaftung entfällt bei technisch besonders langsamen Fahrzeugen, die in § 8 Abs. 1 S. 1 StVG angeführt sind.
Ersatzpflichtig ist der Halter des Fahrzeugs. Halter ist, wer das Kraftfahrzeug für eigene Rechnung gebraucht, nämlich die Kosten bestreitet und die Verwendungsnutzungen zieht. Die Verfügungsgewalt besteht darin, Anlass, Zeit und Zeitpunkt der Fahrt selbst zu bestimmen. Von besonderer Bedeutung für die Bestimmung der Haltereigenschaft ist entsprechend dem Zweck des § 7 Abs. 1 StVG die Einwirkungsmöglichkeit auf das Kraftfahrzeug als Gefahrenquelle. Im Zweifel ist die Verfügungsgewalt entscheidend.
Der Unfall muss sich ereignet haben beim Betrieb eines Kraftfahrzeugs oder eines Kfz-Anhängers.
Wird ein Unfall durch höhere Gewalt verursacht, so ist die Ersatzpflicht gem. § 7 Abs. 2 StVG ausgeschlossen. Es muss dann ein betriebsfremdes, von außen herbeigeführtes Ereignis vorliegen, das nach menschlicher Einsicht und Erfahrung unvorhersehbar ist, mit wirtschaftlich erträglichen Mitteln auch durch die äußerste Sorgfalt nicht verhütet werden kann und auch nicht wegen seiner Häufigkeit in Kauf zu nehmen ist.
Rz. 287
Von besonderer Bedeutung war lange Zeit die Entscheidung des BGH zur gesamtschuldnerischen Haftung von Halter und Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung. Ist eine Zugmaschine mit Anhänger an einem Verkehrsunfall beteiligt, haften nach dieser Grundsatzentscheidung beide Halter sowie die hinter ihnen stehende Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung im Außenverhältnis, während im Innenverhältnis i.d.R. eine Haftungsteilung nach den Grundsätzen der Doppelversicherung zu erwarten ist.
Diese Rechtsprechung hat aber nun ihr Ende mit dem Gesetz zur Haftung bei Unfällen mit Anhängern und Gespannen vom 10.7.2020 gefunden, welches am 17.7.2020 in Kraft getreten ist und alle ab diesem Datum erfolgten Unfälle erfasst. § 19 StVG regelt nunmehr sowohl das Außen- als auch das Innenverhältnis bei diesen Haftungsfällen: Nach § 19 Abs. 1 StVG haftet der Halter eines Anhängers grds. für den beim Betrieb entstandenen Schaden, während aus § 19 Abs. 2 StVG nunmehr die gesamtschuldnerische Haftung des Halters der Zugmaschine und des Anhängers folgt. Im Innenverhältnis haftet nach § 19 Abs. 4 StVG der Halter des Zugfahrzeugs alleine, wenn dieser nicht identisch mit dem Halter des Anhängers ist – es sei denn, der Anhänger hat sich ebenfalls gefahrerhöhend ausgewirkt. Insoweit stellt § 19 Abs. 4 S. 4 StVG klar, dass alleine das Ziehen des Anhängers sich nicht haftungserhöhend auswirkt. Mit dieser Gesetzesänderung gelten auch für die Unfälle mit einem Gespann die bekannten Grundsätze der Haftungsabwägung, welche vor der Entscheidung des BGH vom 27.10.2010 schon gängige Praxis gewesen sind.
Ausnahmen von der Haftung gem. § 7 StVG regelt § 8 StVG für langsam fahrende Fahrzeuge, für beförderte Sachen sowie für den Fall, dass der Verletzte bei dem Betrieb des Kraftfahrzeugs oder Anhängers tätig war.
Rz. 288
Neu im Straßenverkehrsgefüge sind sog. "E-Scooter": Ein E-Scooter ist ein Elektrokleinstfahrzeug und demzufolge ein Kraftfahrzeug mit elektrischem Antrieb und einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von nicht weniger als 6 km/h und nicht mehr als 20 km/h. Wirkt ein solches Elektrokleinstfahrzeug bei einem Unfallereignis mit, ist die in § 7 Abs. 1 StVG normierte verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung gem. § 8 Nr. 1 StVG ausgeschlossen. Lässt sich kein Verschulden eines E-Scooter-Fahrers i.S.v. § 823 Abs. 1 BGB beweisen, haftet im Falle eines Unfallereignisses weder dieser noch der Haftpflichtversicherer des Elektrokleinstfahrzeugs.