Dr. iur. Silvia Fedra Pestke
Rz. 8
Während bei Richtervorlagen auf die Entscheidungserheblichkeit abzustellen ist, geht es bei den Verfassungsbeschwerden um die Frage, ob der Beschwerdeführer in seinen durch das GG geschützten Rechten verletzt ist. Ist gegen die Verletzung der Rechtsweg zulässig, so kann die Verfassungsbeschwerde erst nach Erschöpfung des Rechtsweges erhoben werden (§ 90 Abs. 2 S. 1 BVerfGG). Das BVerfG kann jedoch über eine vor Erschöpfung des Rechtsweges eingelegte Verfassungsbeschwerde sofort entscheiden, wenn sie von allgemeiner Bedeutung ist oder wenn dem Beschwerdeführer ein schwerer unabwendbarer Nachteil entstünde, falls er zunächst auf den Rechtsweg verwiesen würde (§ 90 Abs. 2 S. 2 BVerfGG). Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen gerichtliche Entscheidungen, so sind in der Begründung der Beschwerde das Recht, das verletzt sein soll, und die Handlung oder Unterlassung des Gerichtes, durch die der Beschwerdeführer sich verletzt fühlt, zu bezeichnen (§ 92 BVerfGG).
Rz. 9
Der Rechtsweg ist erschöpft, wenn gegen die angefochtene Entscheidung kein weiteres Rechtsmittel gegeben ist (BVerfG v. 31.1.1973 – 2 BvR 454/71, MDR 1973, 477 = NJW 1973, 891). Ist im arbeitsgerichtlichen Verfahren die Revision bzw. Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden, kann der Beschwerdeführer lediglich Nichtzulassungsbeschwerde gem. §§ 72a, 92 ArbGG einlegen. Dies ist jedoch zur Ausschöpfung des Rechtsweges nicht erforderlich, wenn die Nichtzulassungsbeschwerde nach der Rspr. des BAG aussichtslos gewesen wäre (BVerfG v. 22.10.1980, BB 1980, 1745 = DB 1980, 2525). Greift der Beschwerdeführer in einer Angelegenheit der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst den Schiedsspruch des Oberschiedsgerichtes an, dann ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig, denn dieser Schiedsspruch stellt keinen Akt öffentlicher Gewalt dar. Die Zuordnung der Versicherungsverhältnisse zwischen den versicherten Arbeitnehmern und der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) zum Privatrecht (BGH v. 16.3.1988, NVwZ-RR 1988, 104 = VersR 1988, 575) ist aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden (vgl. BVerfG v. 6.11.1991, NVwZ-RR 1992, 491). Die VBL tritt dem Beschwerdeführer somit nicht als Trägerin öffentlicher Gewalt ggü. Das betrifft die Satzungsbestimmungen als solche, die Rentenmitteilungen und die Entscheidungen der Schiedsgerichte, die wirksam ohnehin nur aufgrund einer freiwilligen Vereinbarung i.S.d. §§ 1025 ff. ZPO tätig werden können (BVerfG v. 11.5.1994, NVwZ-RR 1995, 232).
Rz. 10
Die Verfassungsbeschwerde ist binnen eines Monates zu erheben und zu begründen (§ 93 Abs. 1 S. 1 BVerfGG). Die Frist beginnt mit der Zustellung oder formlosen Mitteilung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung, wenn diese – wie im arbeitsgerichtlichen Verfahren (§§ 50 Abs. 1 S. 1, 80 Abs. 2 ArbGG) – nach den maßgebenden verfahrensrechtlichen Vorschriften von Amts wegen vorzunehmen ist (§ 93 Abs. 1 S. 2 BVerfGG). Es besteht die Möglichkeit, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu erhalten (§ 93 Abs. 2 BVerfGG). Die Grundsätze entsprechen denen der §§ 233 ff. ZPO.
Rz. 11
Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung, gibt das BVerfG auch dem durch die Entscheidung Begünstigten Gelegenheit zur Äußerung (§ 94 Abs. 3 BVerfGG). Wird der Verfassungsbeschwerde gegen eine Entscheidung stattgegeben, hebt das BVerfG die gerichtliche Entscheidung auf und verweist die Sache an das zuständige Gericht zurück (§ 95 Abs. 2 i.V.m. § 90 Abs. 2 S. 1 BVerfGG).