Rz. 57
Zum Schutz des Schuldners aus sozialen Gründen im öffentlichen Interesse listen die §§ 811, 811c ZPO vom Gesetzgeber für unpfändbar erklärte Sachen auf. In der Praxis sind am wichtigsten die persönlichen Gegenstände des Schuldners, Haushaltsgegenstände, insbesondere Kleider und Wäsche, die zu einer bescheidenen Lebensführung benötigt werden. Weiterhin gehören dazu Gegenstände zur Fortsetzung geistiger oder körperlicher Arbeit des Schuldners, seiner Witwe oder seiner Erben (vgl. § 811 Abs. 1 Nr. 1, 5 und 6 ZPO), die nicht nur Grundlage der eigenen wirtschaftlichen und sozialen Existenz sind, sondern auch dem fortgesetzten Einkommenserwerb zur Tilgung von Verbindlichkeiten dienen. Aktuell überarbeitet der Gesetzgeber die Pfändungsschutzvorschriften in der Sachpfändung, ohne dass es zu relevanten inhaltlichen Änderungen kommt. Die Änderungen sollen zum 1.1.2022 in Kraft treten.
Als dem persönlichen Gebrauch dienend kann danach ein Pkw eines "außergewöhnlich gehbehinderten" Schuldners, auch dann wenn er nicht erwerbstätig ist, unpfändbar sein. Voraussetzung ist, dass die Benutzung des Pkw erforderlich ist, um die Gehbehinderung teilweise zu kompensieren und die Eingliederung des Schuldners in das öffentliche Leben wesentlich zu erleichtern. Gleiches gilt, wenn der Pkw zum Krankentransport benötigt wird. Auch eine Uhr (Armband- oder Taschenuhr) kann unpfändbar sein, desgleichen auch ein Fahrrad. Zu den dem Haushalt dienenden Sachen gehören z.B. Nähstoffe, Bügeleisen und Nähmaschine. Unpfändbare Gegenstände der Wohnungseinrichtung können ein Tisch, Stühle, Schrank, Liege, Öfen und Heizgeräte sein. Als Haus- und Küchengeräte sind ein Herd, Warmwasserbereiter, Kaffeemaschine und Kühlschrank unpfändbar. Im Einzelfall muss hier auf die Kommentarliteratur oder entsprechende juristische Datenbanken zurückgegriffen werden. Es kommt sehr auf den Einzelfall an. Nicht vor Pfändung geschützt ist ein Verlobungsring.
Gegensätzliche Rechtsprechung besteht bei der Frage der Unpfändbarkeit einer Waschmaschine und einer Gefrier- oder Tiefkühltruhe. Pfändbar ist dagegen eine Gefriertruhe, wenn ein Kühlschrank vorhanden ist.
Zum persönlichen Gebrauch bestimmt und daher unpfändbar ist auch ein Rundfunkgerät. Dies gilt auch für ein Fernsehgerät, egal ob Schwarzweißgerät oder Farbfernsehgerät, welches heute bescheidener Haushalts- und Lebensführung dient und daher unpfändbar ist. Eine gegensätzliche Rechtsprechung tritt allerdings bei der Frage auf, was ist, wenn ein Fernsehgerät und ein Radiogerät zusammen vorhanden sind. Modernen Entwicklungen folgend stellt sich die Frage auch, wenn ein internetfähiger Computer vorhanden ist und tatsächlich ein Internetzugang besteht. Ein Laptop ist nicht zwingend unpfändbar. Da bei den genannten Sachgruppen der Schutzzweck auch durch Bereitstellen geringwertiger Ersatzsachen erfüllt wird, kann dem Gläubiger in diesen Fällen auf Antrag eine Austauschpfändung durch Beschluss des Vollstreckungsgerichts gestattet werden (vgl. § 811a ZPO). Die Austauschpfändung eines nach § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO unpfändbaren Kraftfahrzeuges ist dabei nur zulässig, wenn das Ersatzstück eine annähernd gleiche Haltbarkeit und Lebensdauer wie das gepfändete Fahrzeug aufweist.
Weitere unpfändbare Sachen ergeben sich aus der Vorschrift des § 812 ZPO. Danach ist Hausrat, der im Haushalt des Schuldners tatsächlich genutzt wird und der ersichtlich schlecht verwertbar ist, von der Pfändung ausgenommen. Damit sollen unnütze Aufwendungen und Wertverluste vermieden werden, die nicht einmal ansatzweise zu einer Befriedigung führen.
Ein Pfändungsprivileg für Vorbehaltsverkäufer normiert § 811 Abs. 2 ZPO. Danach kann eine unter die Vorschrift des § 811 Abs. 1 Nr. 1, 4–7 ZPO fallende Sache gepfändet werden, wenn der Verkäufer wegen einer durch Eigentumsvorbehalt gesicherten Geldforderung aus ihrem Verkauf vollstreckt. Gemeint sind hier verkaufte und unter einem Eigentumsvorbehalt übereignete Sachen, der mit Eintritt der Bedingung vollständiger Kaufpreiszahlung erlischt. Die Vereinbarung des Eigentumsvorbehaltes ist durch Urkunden gegenüber dem Gerichtsvollzieher nachzuweisen.