Dr. Wolfgang Kürschner, Dr. iur. Holger Fahl
Rz. 57
Für das binnenschifffahrtsrechtliche Havariegeschehen sind im Wesentlichen vier Verjährungstatbestände maßgebend:
1. |
Kollision zwischen zwei Schiffen: § 118 Abs. 1 BinSchG (zwei Jahre ab Kollisionsdatum); |
2. |
Beschädigung zwischen zwei Schiffen ohne Kollision (Fernschädigung): § 118 Abs. 1 BinSchG, § 92 Abs. 2 BinSchG (zwei Jahre ab dem schadensursächlichen Ereignis); |
3. |
Beschädigung einer Landeinrichtung oder Flusssohle durch ein Schiff: § 117 Abs. 1 Nr. 7 Abs. 2 BinSchG (ein Jahr zum Jahresende); |
4. |
Beschädigung eines Schiffs durch eine Landeinrichtung oder wegen Verletzung von Verkehrssicherungspflichten: §§ 195, 199 BGB (drei Jahre ab Kenntnis). |
Die zweijährige, mit dem Unfallereignis beginnende Verjährungsfrist für Ersatzansprüche aus dem Zusammenstoß von Binnenschiffen gilt auch für Ansprüche, die auf die allgemeinen Rechtsvorschriften wie z.B. §§ 823 ff. BGB gestützt werden, § 118 BinSchG.
Rz. 58
Gemäß § 117 Abs. 1 Nr. 7 BinSchG verjähren mit dem Ablauf eines Jahres Forderungen aus dem Verschulden einer Person der Schiffsbesatzung oder eines Lotsen, soweit ihre Verjährung sich nicht nach § 118 BinSchG bestimmt. § 117 BinSchG beruht auf dem Gedanken, dass die Verhältnisse der Binnenschifffahrt eine schleunige Abwicklung der aus dem Schiffsbetrieb entspringenden Forderungen gebieten, weil entweder mit ihnen vielfach ein gesetzliches Pfandrecht verbunden ist oder sie nach Ablauf eines längeren Zeitraumes häufig nicht mehr zuverlässig geprüft werden können. Dieser Gedanke hat die Rechtsprechung bewogen, die Verjährungsregelung des § 117 BinSchG ebenfalls in den Fällen anzuwenden, in denen ein Anspruch aus dem Betrieb eines Schiffes sowohl auf Vorschriften des BinSchG als auch auf diejenigen anderer Gesetze gestützt werden kann. So hat der Bundesgerichtshof den Anspruch, der einer Werft wegen der Beschädigung ihrer Slipanlage durch das Werfen eines Ankers gegen den Ausrüster des Schiffes aus § 904 S. 2 BGB zusteht, der Verjährungsregelung des § 117 BinSchG unterstellt und eine entsprechende Anwendung des § 852 Abs. 1 BGB a.F. ausdrücklich abgelehnt.
Rz. 59
Der BGH hat ferner den Anspruch, der dem Eigentümer einer Schifffahrtsstraße auf Ersatz seiner Aufwendungen für die Suche und Bergung des von einem Schiff verlorenen Ankers gegen dessen Eigner nach § 667 BGB, § 683 BGB zuzubilligen ist, in die Verjährungsregelung des § 117 BinSchG einbezogen. Auch auf Ansprüche eines Schiffseigners gegenüber dem Betreiber einer Schleuse bzw. einem Schleusenbeamten aus einem Schiffsunfall beim Schleusen wird § 117 Abs. 1 Nr. 7 BinSchG analog angewendet. Die Hemmung der Verjährung wegen schwebender Verhandlungen zwischen den Parteien wird durch die Erklärung, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt auf die Erhebung der Einrede der Verjährung zu verzichten, grundsätzlich nicht berührt. Andererseits dienen auch Verhandlungen über einen Verzicht auf die Einrede der Verjährung – im Erfolgsfall – der Vermeidung von Rechtsstreitigkeiten und fallen daher in den Anwendungsbereich des § 203 BGB. Eine reine Schadensanmeldung stellt für sich genommen noch keine Aufnahme von Verhandlungen dar; dies ändert sich jedoch – mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Schadensmeldung –, sobald der derart in Anspruch Genommene nicht sofort und eindeutig den Ersatz ablehnt, sondern sich im weiteren Verlauf auf eine Erörterung einlässt und sei es auch nur, indem er darauf hinweist, noch nicht über die erforderlichen Entscheidungsgrundlagen für eine Haftungsanerkennung zu verfügen, wohl aber sich zu einem zeitlich begrenzten Verzicht auf die Erhebung der Verjährungseinrede bereit erklärt. Es reicht ferner aus, wenn der Haftpflichtversicherer mitteilt, man müsse zur weiteren Prüfung des erhobenen Anspruches Einsicht in derzeit nicht zugängliche Archivunterlagen nehmen und werde unaufgefordert weiter Stellung nehmen. Hat der geschädigte Anspruchsteller seine Ansprüche nur gegenüber dem Schiffseigner angemeldet, wird durch die Verhandlungen mit dem Haftpflichtversicherer gleichfalls die Verjährung von Ansprüchen gegen den beim Schiffseigner angestellten Schiffsführer gehemmt. Denn der Haftpflichtversicherer eines Schiffseigners will genauso wie ein Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherer im Zweifel alle Schadensersatzansprüche regeln, auch die gegen den Schiffsführer, dessen Verhalten die Haftung ausgelöst hat.
Rz. 60
Für die in § 102 Nr. 1–6 BinSchG abschließend aufgeführten Forderungen wird den Gläubigern des Schiffseigners ein besitzloses Pfandrecht am Schiff nebst Zubehör gewährt. Schiffsgläubigerrechte entstehen gem. § 102 BinSchG kraft Gesetzes und stellen als Belastung des Schiffseigentums beschränkte dingliche Rechte dar, die dingliche Verwertungsrechte gewähren. Sie erfassen nicht nur Forderungen gegen den Schiffseigner oder den Schiffsausrüster. Das Schiffsgläubigerpfandrecht gem. § 103 Abs. 2 BinSchG, § 102 Nr. 1 und 3 BinSchG geht bei Zahlung eines Gesamtschuldners auf diesen über (§ 426 Abs. 2 BGB i.V.m. § 1...