Rz. 7

Die Anrechnungen gemäß (1) und die Anrechnungen gemäß (3) erfolgen, nachdem nichts anderes bestimmt ist, in voller Höhe. Die Anrechnung gemäß (2) erfolgt zur Hälfte, höchstens 0,75.

 

Rz. 8

Die Anrechnung (4) betrifft einen ganz speziellen Sachverhalt, der im Familienrecht durchaus nicht selten vorkommt:

Es soll im Verfahren (1) eine Einigung protokolliert werden, wobei über den Gegenstand, dessen Einigung protokolliert werden soll, bereits anderweitig ein Verfahrensauftrag erteilt oder ein Gerichtsverfahren schon an- oder rechtshängig ist (= Verfahren 2). In diesen Fällen sind Verfahrens- und Terminsgebühr aus dem Verfahren (1), soweit sie sich auf den Gegenstand des Verfahrens (2) beziehen, auf die in Verfahren (2) entstandenen gleichartigen Gebühren anzurechnen.

 

Rz. 9

Im RVG sind die Fälle der Anrechnung sehr differenziert geregelt.

Es gibt (1) die Anrechnung des gesamten Gebührenaufkommens (§ 34 Abs. 2 RVG, oben (1)); es gibt die teilweise Anrechnung, wie sie für die Geschäftsgebühr (2) bestimmt wurde.

 

Rz. 10

Für die Beratungshilfe Nr. 2500 VV RVG ist zum Teil die volle Anrechnung (Anm. 2 zu Nr. 2501), zum Teil eine teilweise Anrechnung (Anm. Abs. 2 zu Nr. 2503 VV RVG) bestimmt.

 

Rz. 11

Bei der Anrechnung, die oben unter (3) erwähnt wird, gibt es Fälle, in denen nur die Verfahrensgebühr auf eine Verfahrensgebühr des nachfolgenden Verfahrens angerechnet wird. Das gilt für das Vermittlungsverfahren gem. § 165 FamFG. Beim Mahnverfahren, an das sich ein Streitverfahren anschließt, wird sowohl die Verfahrensgebühr als auch die Terminsgebühr jeweils voll angerechnet (Anm. zu Nr. 3305 VV RVG für die Verfahrensgebühr, Anm. Abs. 4 zu Nr. 3104 VV RVG für die Terminsgebühr). Das Gleiche gilt für das vereinfachte Unterhaltsverfahren (Anm. Abs. 1 zu Nr. 3100 VV RVG für die Verfahrensgebühr, Nr. 3104 Abs. 4 VV RVG für die Terminsgebühr).

 

Rz. 12

 

Beispiel

Der Schuldner erhält einen Mahnbescheid über 8.000,00 EUR zugestellt. Sein Anwalt setzt sich mit dem Gläubigervertreter telefonisch in Verbindung mit dem Ziel, eine Einigung herbeizuführen. Der Versuch scheitert, der Schuldner legt Widerspruch ein, es kommt zum Gerichtsverfahren, in dem auch eine mündliche Verhandlung stattfindet.

Gebührenabrechnung des Antragsgegnervertreters:

 
0,5 Verfahrensgebühr Nr. 3307 VV RVG  
(Wert: 8.000,00 EUR) 228,00 EUR
1,2 Terminsgebühr Vorb. 3.3.2  
i.V.m. Vorb. 3 Abs. 3 VV RVG  
(Wert: 8.000,00 EUR) 547,20 EUR

Anschließendes Streitverfahren unter Berücksichtigung der Anrechnung:

 
1,3 Verfahrensgebühr Nr. 3100 VV RVG    
(Wert: 8.000,00 EUR) 592,80 EUR  
abzgl. Anrechnung der 0,5 Verfahrensgebühr – 228,00 EUR  
    364,80 EUR
1,2 Terminsgebühr Nr. 3104 VV RVG    
(Wert: 8.000,00 EUR) 547,20 EUR  
abzgl. Anrechnung der 1,2 Terminsgebühr – 547,20 EUR  
    0,00 EUR
Insgesamt[4]   1.140,00 EUR
 

Rz. 13

Das vereinfache Unterhaltsverfahren ist gem. § 17 Nr. 3 RVG eine eigene Angelegenheit gegenüber dem anschließenden streitigen Unterhaltsverfahren. Es liegen also zwei Angelegenheiten vor. Angerechnet werden sowohl die Verfahrensgebühr als auch die Terminsgebühr, vgl. Anm. Abs. 1 zu Nr. 3100, Anm. Abs. 4 zu Nr. 3104 VV RVG.

[4] Zum Mahnverfahren: Ursprünglich kannte das Mahnverfahren keine Terminsgebühr. Durch Vorb. 3.3.2 VV RVG wurde die Terminsgebühr für das Mahnverfahren ab 1.1.2005 eingeführt. Das Mahnverfahren als solches kennt keinen Termin. Wie im Beispielsfall ist aber trotzdem eine Terminsgebühr gem. Vorb. 3 Abs. 3 VV RVG möglich. Diese Terminsgebühr war zwischen der Einführung 1.1.2005 und dem Inkrafttreten der Anrechnungsvorschrift per 1.1.2007 anrechnungsfrei. Ab 1.1.2007 galt dann die Anrechnungsvorschrift für die Terminsgebühr gem. Anm. Abs. 4 zu Nr. 3104 VV RVG. Die Daten sind jeweils auf den Zeitpunkt der Mandatserteilung bezogen. Im Einzelnen vgl. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, VV 3305 bis 3308, insbesondere Rn 75.

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