Dr. iur. Kerstin Diercks-Harms, Dr. iur. Rüdiger Brodhun
Rz. 21
Für den Beklagten sind in einem Klageverfahren Verfahrensrügen vor allem dann bedeutsam, wenn er den Prozess verzögern will.
Rz. 22
Gerügt werden können u.a.:
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die nicht ordnungsgemäße Zustellung von Mahnbescheid oder Klage, |
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die nicht ordnungsgemäße Klageerhebung (z.B. die Klage wird einem nicht bevollmächtigten Rechtsanwalt zugestellt), |
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die Unzuständigkeit des Gerichts (häufig: Rüge der örtlichen Unzuständigkeit), |
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die Unzuständigkeit des Spruchkörpers (z.B. ist bei einer beim Landgericht erhobenen Klage nicht die allgemeine Zivilprozessabteilung zuständig, sondern die Handelskammer, weil es sich für beide Seiten um eine Handelssache handelt). |
Rz. 23
Der Beklagte muss, noch bevor er auf die Klage erwidert, auf den Verfahrensmangel eingehen. Ggf. ist nur der Fehler zu rügen: Wenn das angerufene Gericht unzuständig ist, dann darf es auf die Rüge des Beklagten nicht zur Sache entscheiden. Die Klage müsste wegen Unzulässigkeit durch ein Prozessurteil abgewiesen werden. Der Kläger kann diese Folge vermeiden, indem er u.U. hilfsweise einen Verweisungsantrag stellt. Das zuständige Gericht, an das der Rechtsstreit – grundsätzlich mit Bindungswirkung – verwiesen wurde, setzt dem Beklagten dann eine erneute Frist zur materiellen Klageerwiderung.
Rz. 24
Formulierungsbeispiel für einen (bedingten) Verweisungsantrag
„In pp. hält der Kläger, nachdem der Beklagte die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit erhoben hat, seinen bisherigen Antrag aufrecht.
Hilfsweise wird beantragt,
den Rechtsstreit an das Landgericht […] zu verweisen.
Begründung:
Die Parteien sind Kaufleute i.S.v. § 38 ZPO. Der Beklagte hat den Allgemeinen Verkaufs- und Lieferungsbedingungen des Klägers nicht widersprochen. Nach Nr. […] der AGB haben die Parteien den Sitz des Klägers als Gerichtsstand vereinbart.
Der Hilfsantrag wird höchst vorsorglich für den Fall gestellt, dass das Gericht der Auffassung sein sollte, dass es an einer wirksamen Gerichtsstandsvereinbarung fehlt. […]“
Rz. 25
Im Übrigen darf der Beklagte – welcher an der Rüge der gerichtlichen Unzuständigkeit festhalten will – in der mündlichen Verhandlung nicht rügelos verhandeln, weil er sonst sein Rügerecht verliert. Er muss also, wenn das Gericht die Sache erörtern will, an erster Stelle geltend machen, dass er die – bereits schriftlich erhobene – Rüge aufrechterhält. Ansonsten kann die Zuständigkeit eines erstinstanzlich unzuständigen Gerichts infolge rügeloser Verhandlung begründet werden, § 39 S. 1 ZPO.
Rz. 26
Will der Beklagte nicht rügen, weil er an einer schnellen Entscheidung interessiert ist, kann er auf dieses Recht auch verzichten, jedenfalls dann, wenn der Verfahrensfehler – wie die Unzuständigkeit – heilbar ist, § 295 Abs. 2 ZPO.