Rz. 94
Nach Maßgabe der vorausgegangenen Ausführungen (siehe Rdn 85 ff.) muss der Versicherungsnehmer im Rahmen der Beweiserleichterungen lediglich Beweisanzeichen erbringen, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit das äußere Bild eines versicherten Diebstahls ergeben. Wurde dieser Nachweis erbracht, ist es Aufgabe des Versicherers, konkrete Tatsachen darzulegen und voll zu beweisen, die die Annahme einer Vortäuschung mit erheblicher Wahrscheinlichkeit nahelegen. Erheblich ist eine Wahrscheinlichkeit, wenn sie höher ist als die hinreichende Wahrscheinlichkeit, die der Versicherungsnehmer für seine Behauptung einer versicherten Entwendung dartun muss. Indizien für die Beurteilung der erheblichen Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung eines Einbruchdiebstahls sind beispielsweise Schwierigkeiten des Abtransports, Unklarheiten bei Lieferung und Bezahlung und Vorstrafe, ein nicht stimmiges Bild bei den Einbruchspuren (sog. Trugspuren) oder Widersprüche und Ungereimtheiten bei den Angaben des Versicherungsnehmers, keine Vorlage einer Stehlgutliste und Vorstrafen, nicht jedoch die Einstellung oder die fehlende Durchführung eines Ermittlungsverfahrens (keine Präjudiz). Werden (lediglich) Indizien zum Nachweis der erheblichen Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung herangezogen, müssen diese sämtlich unstreitig oder bewiesen sein. Ungesicherte Behauptungen, Spekulationen oder Gerüchte genügen nicht. Insbesondere reicht nicht jeder Zweifel des Tatrichters für den Gegenbeweis des Versicherers aus. Es hat daher auf jeden Fall eine Gesamtschau der vorgetragenen Indizienkette stattzufinden. Auch insoweit handelt es sich um eine tatrichterliche Beweiswürdigung, die dann über den Erfolg oder die Niederlage des Prozesses entscheidet. An diese tatrichterlichen Feststellungen ist dann das Berufungsgericht grundsätzlich gebunden.
Rz. 95
Es gelten also hinsichtlich der vom Versicherungsnehmer einerseits und dem Versicherer andererseits zu erbringenden Nachweise unterschiedliche Anforderungen. Dies ist in erster Linie darauf zurückzuführen, dass dem Versicherungsnehmer bereits durch den Abschluss des Versicherungsvertrages eine Redlichkeitsvermutung zugutekommt. Aus diesem Grunde reicht es für die Erschütterung der Beweiserleichterung zugunsten des Versicherungsnehmers nicht aus, dass der Versicherer lediglich "konkrete Möglichkeiten" für eine Unredlichkeit des Versicherungsnehmers beweist.
Rz. 96
Die Beweiserleichterungen gehen dem Versicherungsnehmer nicht dadurch verloren, dass er sich in anderen Fällen als unredlich erwiesen hat, solange er die für die Entwendung erforderlichen Mindesttatsachen durch einen redlichen Zeugen nachweisen kann.
Die Beweiserleichterungen zugunsten des aus anderen Versicherungsfällen als unredlich bekannten Versicherungsnehmers finden jedoch dort ihre Grenzen, wo auf das subsidiäre Beweismittel seiner (unbewiesenen) Tatsachenbehauptungen zur angeblichen Entwendung zurückgegriffen werden muss. Sowohl für eine Parteivernehmung als auch für eine persönliche Anhörung des Versicherungsnehmers ist unverzichtbare Voraussetzung, dass er absolut glaubwürdig ist.