Rz. 546

Generell kennt das Steuerrecht zwei unterschiedliche Arbeitgeberbegriffe:

Zivilrechtlicher Arbeitgeber: Damit ist das Unternehmen gemeint, mit dem der Mitarbeiter einen aktiven (nicht ruhenden) Arbeitsvertrag hat. Das alleine reicht jedoch nicht aus. Dieses Unternehmen muss vielmehr auch tatsächlich die typischen Arbeitgeberfunktionen ausüben, wie z.B. Entscheidungen über Gehaltserhöhungen, Beförderungen, Einsatzort usw. Besonderen Wert legt die Rechtsprechung dabei auf die Gehaltsauszahlung als vornehmste Arbeitgeberfunktion. Oft wird die Gehaltsauszahlung ganz oder teilweise von einem anderen Unternehmen vorgenommen, z.B. durch das ausländische Konzernunternehmen, zu dem der Mitarbeiter entsandt ist. Dann ist unbedingt zu dokumentieren, dass das andere Unternehmen im Namen, im Auftrag und für Rechnung des Arbeitgeberunternehmens tätig ist. In aller Regel ist dazu ein Zahlstellenfunktionsvertrag abzuschließen (s. Rdn 463 ff.).
Der zivilrechtliche Arbeitgeber ist somit in Kurzform wie folgt definiert: Aktiver Arbeitsvertrag und Gehaltsauszahlung.
Wirtschaftlicher Arbeitgeber: Damit ist das Unternehmen gemeint, das letztendlich den Gehaltsaufwand des Mitarbeiters trägt (also nicht unbedingt auszahlt), s. Rdn 461 ff. Hinzukommen muss eine gewisse Eingliederung des Mitarbeiters in dieses Unternehmen. Damit ist zunächst nach der Zuordnung des Gehaltsaufwandes zu fragen. Ist der Mitarbeiter bei dem Unternehmen, für dessen wirtschaftlichen Vorteil er tätig ist, auch zivilrechtlich angestellt, fallen zivilrechtlicher und wirtschaftlicher Arbeitgeber zusammen. Anders dagegen, wenn er während der Auslandstätigkeit weiterhin zivilrechtlich beim Heimatunternehmen angestellt ist, wirtschaftlich jedoch zum Vorteil des Gastunternehmens tätig wird. Dann wird das Gastunternehmen vom Heimatunternehmen wegen des Arm’s Length Grundsatzes (s. Rdn 457 ff.) mit dem Gehaltsaufwand belastet. In diesem Fall ist zivilrechtlich das Heimatunternehmen der Arbeitgeber, wirtschaftlich jedoch das Gastunternehmen. Der Mitarbeiter muss allerdings auch noch organisatorisch in das Gastunternehmen eingegliedert sein. Wie weit das zu gehen hat ist umstritten. Der BFH verlangt ganz allgemein, dass der Mitarbeiter "in den Arbeitsablauf jenes Unternehmens eingebunden und dessen Weisungen unterworfen ist".[14] Ob das erfüllt ist, ist für jeden Einzelfall nach den Gesamtumständen zu prüfen. Die Finanzverwaltung legt die Hürden hier relativ hoch. Unter anderem vertritt sie eine Vereinfachungsregel, wonach bei einer Auslandstätigkeit bis zu drei Monaten eine widerlegbare Vermutung dafür spricht, dass keine Eingliederung gegeben ist.[15] Meiner Ansicht nach ist die Eingliederung "automatisch" gegeben, wenn der Mitarbeiter keine Werkleistung erbringt und sein Gehalt nach den Arm’s Length Grundsätzen an das aufnehmende Unternehmen zu belasten ist. Dann steht seine Arbeitskraft dem Unternehmen uneingeschränkt zur Verfügung. Die Arbeit "für das Unternehmen" kann er doch zwangsläufig nur dann ausführen, wenn er sich an die Unternehmensabläufe hält und den Anweisungen seiner Vorgesetzten folgt.
 

Rz. 547

Nach einem Grundsatzurteil des BFH[16] gilt bei der Bedingung b) der 183-Tage-Regel (kein Arbeitgeber im Nicht-Ansässigkeitsstaat) der wirtschaftliche Arbeitgeberbegriff. Deshalb ist hier immer zu fragen, ob das Unternehmen im Nicht-Ansässigkeitsstaat/Quellenstaat mit dem Gehaltsaufwand für die dortigen Arbeitstage belastet ist und der Mitarbeiter dort eingegliedert ist. Falls ja, ist die Bedingung zu b) nicht erfüllt. Als Folge schwingt das Besteuerungsrecht nicht an den Wohnsitzstaat zurück und verbleibt endgültig beim Nicht-Ansässigkeitsstaat. Dadurch geht das Besteuerungsrecht auch dann an den Nicht-Ansässigkeitsstaat über, wenn sich der Mitarbeiter weniger als 183 Tage dort aufhält bzw. arbeitet. Das Besteuerungsrecht für Arbeitstage im Nicht-Ansässigkeitsstaat geht also regelmäßig an diesen über, wenn das Gehalt an die dortige Konzerngesellschaft belastet wird und die Eingliederung des Mitarbeiters gegeben ist. Die Anzahl der Arbeitstage spielt dann keine Rolle mehr.

 

Beispiel:

Ein Mitarbeiter M wird zur Aushilfe für vier Monate bei der spanischen Tochtergesellschaft tätig. Er bleibt bei der deutschen Muttergesellschaft angestellt und wird auch von ihr bezahlt. Da er zum wirtschaftlichen Vorteil der spanischen Tochter tätig wird, belastet die Mutter das Gehalt jedoch an die Tochter. M ist auch in die Arbeitsabläufe bei der Tochter eingegliedert. Für die vier Monate ist die Mutter der zivilrechtliche Arbeitgeber, die spanische Tochter der wirtschaftliche Arbeitgeber. Spanien hat das Besteuerungsrecht für die vier Monate. M hält sich zwar weniger als 183 Tage in Spanien auf. Er hat jedoch einen spanischen (wirtschaftlichen) Arbeitgeber.

[15] BMF IV B 2 – S 1300/08/10027 v. 12.11.14, Rn 98 ff., bes. 112.

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