Für die Entscheidung, ob der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin in das aufnehmende Unternehmen eingebunden ist, ist das Gesamtbild der Verhältnisse maßgebend.
Wirtschaftlicher Arbeitgeber: Lohnsteuerabzug im Inbound-Fall
In den Fällen der internationalen Arbeitnehmerentsendung ist das in Deutschland ansässige aufnehmende Unternehmen, das den Arbeitslohn für die ihm geleistete Arbeit wirtschaftlich trägt oder nach dem Fremdvergleichsgrundsatz hätte tragen müssen, zum Lohnsteuerabzug verpflichtet (§ 38 Absatz 1 Satz 2 EStG). Der wirtschaftliche Arbeitgeberbegriff ist damit auch für Zwecke des Lohnsteuerabzugs zu beachten. Die Ausführungen zum wirtschaftlichen Arbeitgeber finden sich im BMF-Schreiben vom 12. Dezember 2023 (IV B 2 - S 1300/21/10024 :005) in den Rn. 151 ff.
Wirtschaftlicher Arbeitgeber bei Entsendung bis drei Monate
Bei einer Arbeitnehmerentsendung zwischen international verbundenen Unternehmen von nicht mehr als drei Monaten (auch jahresübergreifend für sachlich zusammenhängende Tätigkeiten) spricht eine widerlegbare Anscheinsvermutung dafür, dass das aufnehmende Unternehmen mangels Einbindung des Arbeitnehmers er der Arbeitnehmerin nicht als wirtschaftlicher Arbeitgeber anzusehen ist. Es sind aber stets die tatsächlichen Verhältnisse des Einzelfalls maßgeblich.
Leiharbeitnehmende: Entleiher als wirtschaftlicher Arbeitgeber
Bei einer grenzüberschreitenden Arbeitnehmerüberlassung nimmt grundsätzlich der Entleiher die wesentlichen Arbeitgeberfunktionen wahr. Der Leiharbeitnehmer oder die Leiharbeitnehmerin ist regelmäßig in den Betrieb des Entleihers eingebunden. Dementsprechend ist bereits mit Aufnahme der Tätigkeit des Leiharbeitnehmenden beim Entleiher dieser als Arbeitgeber im Sinne des DBA anzusehen.
Wirtschaftlicher Arbeitgeber: Fremdvergleichsgrundsatz
Im neuen BMF-Schreiben vom 12. Dezember 2023 wurden weitere Ausführungen zum wirtschaftlichen Arbeitgeber ergänzt. Insbesondere muss die Übernahme der Kosten für eine Arbeitnehmerentsendung dem Fremdvergleichsgrundsatz (vgl. dazu auch BMF-Schreiben vom 6. Juni 2023, Kapitel III A, BStBl I S. 1093) entsprechen. Die Kosten sind nach dem Fremdvergleichsgrundsatz von dem Unternehmen zu tragen, in dessen Interesse die Entsendung erfolgt. Bei den neuen Ausführungen ergibt sich eine Überschneidung mit früheren Erläuterungen im BMF-Schreiben vom 09. November 2001 (Verwaltungsgrundsätze – Arbeitnehmerentsendung), die nun weitgehend im 183-Tage-Schreiben aufgegangen sind.
Dadurch beinhaltet das 183-Tage-Schreiben nun u.a. die Definition der Arbeitnehmerentsendung (Rn. 149, 150) und Ausführungen zum betrieblichen Interesse (Rn. 159, 160). Eine grenzüberschreitende Arbeitnehmerentsendung (Personalentsendung) ist die Entsendung von Beschäftigten für eine bestimmte Zeit seitens eines Unternehmens (entsendendes Unternehmen) an ein anderes Unternehmen (aufnehmendes Unternehmen) derselben multinationalen Unternehmensgruppe in einem anderen Staat.
Der Arbeitgeber soll den Beschäftigten bescheinigen, in welcher Höhe Lohn-, Lohnneben- und Lohnverwaltungskosten nach dem Fremdvergleichsgrundsatz weiterbelastet und in welcher Höhe diese vom entsendenden Unternehmen getragen wurden (Rn. 167). Es wird widerlegbar vermutet, dass die aufgeführten Kosten im Einklang mit dem Fremdvergleichsgrundsatz stehen.
Betriebsstättenvorbehalt: Steuerliche Auswirkung beachten
Damit dem Ansässigkeitsstaat für 183 Tage das Besteuerungsrecht verbleibt, ist Voraussetzung, dass der Arbeitslohn nicht zulasten einer Betriebsstätte des Arbeitgebers im Tätigkeitsstaat bezahlt wird - sogenannter Betriebsstättenvorbehalt. Maßgebend für den Begriff "Betriebsstätte" ist die Begriffsbestimmung im DBA, nicht etwa die nach innerstaatlichen Regelungen.
Erfolgt die Zahlung zulasten einer Betriebsstätte des Arbeitgebers im Tätigkeitsstaat, sind die Voraussetzungen für die alleinige Besteuerung im Ansässigkeitsstaat nicht erfüllt. Der Arbeitslohn wird zulasten einer Betriebsstätte gezahlt, wenn die Zahlungen wirtschaftlich der Betriebsstätte zuzuordnen sind. Nicht entscheidend ist, wer die Vergütungen auszahlt oder in seiner Teilbuchführung abrechnet.
Wird ein Arbeitnehmer, der einer Betriebsstätte zuzuordnen ist, im Stammhaus seines Arbeitgebers tätig, steht dem Tätigkeitsstaat wegen der dortigen Ansässigkeit des Arbeitgebers grundsätzlich das Besteuerungsrecht zu. Das gilt auch dann, wenn die Tätigkeit nur von kurzer Dauer ist.