Rz. 45
Auch die im Rahmen einer Arbeit auf Abruf beschäftigten (Teilzeit-)Arbeitnehmer haben Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Die Berechnung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ergibt sich aus § 12 Abs. 4 TzBfG. Hierzu ist die maßgebende regelmäßige Arbeitszeit im Sinne von § 4 Abs. 1 des EntgFG die durchschnittliche Arbeitszeit der letzten drei Monate vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit (Referenzzeitraum). Hat das Arbeitsverhältnis bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit keine drei Monate bestanden, ist der Berechnung des Entgeltfortzahlungsanspruchs die durchschnittliche Arbeitszeit dieses kürzeren Zeitraums zugrunde zu legen. Zeiten von Kurzarbeit, unverschuldeter Arbeitsversäumnis, Arbeitsausfällen und Urlaub im Referenzzeitraum bleiben außer Betracht. Für den Arbeitnehmer günstigere Regelungen zur Berechnung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bleiben unberührt.
Rz. 46
Konfliktpotential birgt lediglich die Berechnung der auszugleichenden Tage. Unproblematisch gestalten sich wiederum diejenigen Konstellationen, in denen die Arbeitnehmer während des gesamten wöchentlichen Bereithaltungszeitraums arbeitsunfähig erkrankt sind. In diesem Fall haben die Arbeitnehmer den vollen Anspruch auf dasjenige Entgelt, das gezahlt worden wäre, wenn sie in dieser Woche nicht arbeitsunfähig erkrankt gewesen wären. Ein Konflikt zwischen der der Flexibilisierung geschuldeten fehlenden Festlegung der Arbeitstage und der Sonderregelung zur Entgeltzahlung ohne Arbeit entsteht, wenn ein Arbeitnehmer nur einen Teil der wöchentlichen Bereithaltungszeit arbeitsunfähig erkrankt ist.
Rz. 47
Hat der Arbeitgeber sein Leistungsbestimmungsrecht bereits durch einen Abruf der Arbeit konkretisiert, so sind die bereits abgerufenen, jedoch infolge der Erkrankung nicht abgeleisteten Arbeitsstunden von der wöchentlichen Arbeitspflicht abzuziehen. Für diese Stunden ist Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall so zu leisten, als ob der Arbeitnehmer die Stunden abgeleistet hätte.
Rz. 48
Hat der Arbeitgeber die Arbeitskraft noch nicht abgerufen und erkrankt der Arbeitnehmer lediglich an einigen Tagen der wöchentlichen Bereithaltezeit, so stellt sich dieselbe Problematik wie bei der Feiertagsvergütung (vgl. Rdn 20 ff.). Wie dort ist es nicht billig, den Arbeitgeber für die restlichen Tage der Bereithaltung durch den Arbeitnehmer, an denen dieser nicht mehr erkrankt ist, den vollen Anspruch auf Abruf der Arbeit zuzugestehen. Das Risiko, dass ein Arbeitnehmer erkrankt, wird durch die Regelungen zur Entgeltfortzahlung in den Bereich des Betriebsrisikos verlagert. Dieses Risiko trägt der Arbeitgeber. Würde man nun trotz wochenanteilig bestehender Arbeitsunfähigkeit für die Zeit der Arbeitsfähigkeit den vollen Abrufanspruch bejahen, so würden das Risiko der Erkrankung und damit das Betriebsrisiko auf den Arbeitnehmer verlagert. Dies könnte dann hingenommen werden, wenn Sinn der Arbeit auf Abruf wäre, für Fälle der Feiertage, die auf Werktage fallen, oder auch für den Fall der Erkrankung das Betriebsrisiko partiell auf den Arbeitnehmer zu verlagern. Das ist indes nach der Rechtsprechung des BAG nicht der Fall.
Rz. 49
Auch für den Fall der Erkrankung sollte daher genauso verfahren werden, wie dies für die Reduzierung der Arbeitspflicht infolge von Feiertagen an Werktagen vorgeschlagen worden ist (vgl. Rdn 20 ff.). Die wöchentliche Arbeitspflicht des Arbeitnehmers reduziert sich daher in dem Verhältnis, in dem die Bereithaltungstage, an denen der Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt war, zu der Gesamtzahl der Bereithaltungstage in dieser Woche stehen. Für die Bereithaltungstage, an denen der Arbeitnehmer erkrankt war, ist entsprechende Entgeltfortzahlung zu leisten.
Rz. 50
Beispiel
Der Arbeitnehmer hat mit seinem Arbeitgeber gem. § 12 TzBfG eine Vereinbarung geschlossen, nach der er sich an vier Tagen in der Woche bereit zu halten hat, um auf Abruf insgesamt zwanzig Arbeitsstunden zu leisten, mindestens jeweils vier Stunden. An zwei von den vier Arbeitstagen ist der Arbeitnehmer nun arbeitsunfähig erkrankt.
Die wöchentliche Arbeitspflicht in Höhe von zwanzig Stunden reduziert sich in dem Verhältnis der Krankheitstage, die auf die Bereithaltungstage entfallen zu der Anzahl der Bereithaltungstage insgesamt. Der Arbeitgeber hat somit das Recht, den Arbeitnehmer in dieser Woche noch für zehn Stunden zur Arbeit abzurufen. Für weitere zehn Stunden ist Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle zu leisten.
Rz. 51
Da das Teilzeit- und Befristungsgesetz auf den Wochenzeitraum abstellt, ist der Berechnung auch wiederum der Wochenzeitraum zugrunde zu legen.