Rz. 211
Die Revision hatte Erfolg. Mit der Begründung des Berufungsgerichts konnte ein Anspruch auf Ersatz des weiter geltend gemachten Verdienstausfalls sowie auf Zahlung weiteren Schmerzensgeldes nicht verneint werden, §§ 842, 249 Abs. 1, § 252 Satz 2, § 253 Abs. 2 BGB, § 287 Abs. 1 ZPO.
Die Revision rügte zu Recht, dass das Berufungsgericht keinen über einen Betrag von 5.824,79 EUR hinausgehenden Verdienstausfallschaden des Klägers hat feststellen können. Zwar ist die Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruches in erster Linie Sache des nach § 287 ZPO besonders freigestellten Tatrichters. Sie ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob der Richter Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat. Solche Rechtsfehler hatte die Revision hier indes aufgezeigt.
Rz. 212
Der Ausfall der Arbeitskraft als solcher ist kein Vermögensschaden. Dem in seiner Arbeitsfähigkeit Geschädigten entsteht ein gegebenenfalls zu ersetzender Vermögensschaden erst dann, wenn sich der Ausfall oder die Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit konkret und sichtbar ausgewirkt hat. Das muss sich allerdings nicht im Verlust bisher bezogener Einnahmen zeigen, sondern kann auch dadurch sichtbar werden, dass ohne die Schädigung zu erwartende, gegebenenfalls auch gesteigerte Gewinne nicht gemacht werden konnten.
Rz. 213
Wie der Senat wiederholt ausgesprochen hat, bedarf es daher bei selbstständig Tätigen zur Beantwortung der Frage, ob diese einen Verdienstausfallschaden erlitten haben, der Prüfung, wie sich das von ihnen betriebene Unternehmen ohne den Unfall voraussichtlich entwickelt hätte. Für die Grundlagen der danach erforderlichen Prognose des erzielbaren Gewinns ist nicht auf den Zeitpunkt des Schadensereignisses, sondern auf denjenigen der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen.
Rz. 214
Dabei kommen dem Geschädigten die Darlegungs- und Beweiserleichterungen nach § 252 BGB, § 287 ZPO zugute. Diese Erleichterungen ändern nichts daran, dass es im Rahmen der notwendigen Prognose des entgangenen Gewinns im Sinn des § 252 Satz 2 BGB ebenso wie für die Ermittlung des Erwerbsschadens nach § 287 ZPO konkreter Anknüpfungstatsachen bedarf, die der Geschädigte darlegen und zur Überzeugung des Gerichts nachweisen muss. Dabei wird es in der Regel erforderlich und angebracht sein, an die Geschäftsentwicklung und die Geschäftsergebnisse in den letzten Jahren vor dem Unfall anzuknüpfen (Senatsurt. v. 6.2.2001 – VI ZR 339/99, NJW 2001, 1640 unter II 2 b aa m.w.N.).
Rz. 215
An die schwierige Darlegung der hypothetischen Entwicklung des Geschäftsbetriebs eines Selbstständigen dürfen aber keine zu strengen Maßstäbe angelegt werden. Die Klage darf nicht wegen lückenhaften Vortrags zur Schadensentstehung und Schadenshöhe abgewiesen werden, solange greifbare Anhaltspunkte für eine Schadensschätzung vorhanden sind.
Diesen Grundsätzen wurde die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht gerecht. Es war zum einen von einem fehlerhaften Rechtsgrundsatz ausgegangen und hatte zum anderen die Anforderungen an einen schlüssigen Vortrag des Geschädigten überspannt.
Rz. 216
Rechtsfehlerhaft meinte das Berufungsgericht, ein im Rahmen der Darlegungen zu § 252 Satz 2 BGB, § 287 ZPO schlüssiger Vortrag des Geschädigten setze voraus, dass er einen deutlichen Rückgang gegenüber der vor dem Unfall erzielten Gewinne aufzeige. Für die vom Berufungsgericht aufgestellte Voraussetzung der "Deutlichkeit" gibt es nach den obigen Grundsätzen keine Grundlage. Schon auf der Basis der von dem Berufungsgericht zugunsten des Klägers für die streitgegenständlichen Jahre unterstellten Gewinnentwicklung hätte das Berufungsgericht einen (Mindest-)schaden schätzen können.
Rz. 217
Das Berufungsgericht hatte zugunsten des Klägers unterstellt, dass er aufgrund von überpflichtmäßigen, den Beklagten nicht zugutekommenden Anstrengungen seiner Ehefrau seine Personalkosten in den Jahren 2007 und 2008 um 13.500 EUR sowie 17.500 EUR habe verringern können. Unter Zugrundelegung der von dem Berufungsgericht angesetzten Gewinne in Höhe von 194.500 EUR im Jahr 2007 und 192.000 EUR im Jahr 2008 ergab sich auf dieser Grundlage schlüssig eine gegenüber dem durchschnittlichen Gewinn in Höhe von 187.333,33 EUR vor dem Unfallereignis unfallbedingte Verringerung des Gewinns von 6.333,33 EUR für das Jahr 2007 (194.500 EUR abzüglich 13.500 EUR, mithin 181.000 EUR) und in Höhe von 12.833,33 EUR für das Jahr 2008 (192.000 EUR abzüglich 17.500 EUR, mithin 174.500 EUR). Dem Kläger stand (schon) danach mehr als die Hälfte des von ihm für beide Jahre geforderten Einnahmeausfalls in Höhe von 34.000 EUR zu. Waren – wozu das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen hatte – die vorgelegten Gewinnermittlungen um die Ausgaben des Klägers für die von ihm geplante Zweigpraxis zu bereinigen, stand der geltend gemachte Anspruch dem Kläger bei Abzug der – unterstellt – eingesparten überpflichtmäßigen Pe...