Rz. 123
Üblich sind vertragliche Wettbewerbsverbote, d.h. die Untersagung ggü. dem Franchise-Nehmer, sich während der Laufzeit des Vertrages an einem Konkurrenzunternehmen zu beteiligen oder gar einen Franchise-Vertrag mit einem Konkurrenzunternehmen abzuschließen.
Rz. 124
Nach der Franchise-GVO, aber auch der derzeitigen Vertikal-GVO (EU-VO 720/2022) kann ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot
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nur auf die Dauer von einem Jahr, |
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beschränkt auf das Vertragsgebiet, |
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gegen Zahlung einer Karenzentschädigung |
vereinbart werden. Dieses nachvertragliche Wettbewerbsverbot muss in einer gesonderten Abrede enthalten sein. Wird ein Wettbewerbsverbot ohne die Verpflichtung des Franchise-Gebers zur Leistung einer Karenzentschädigung vereinbart, ist dies nicht nichtig. Vielmehr ist dem Franchise-Nehmer analog § 90a Abs. 1 Satz 3 HGB eine Karenzentschädigung zu leisten. Allerdings ist ein dem Franchise-Nehmer auferlegtes nachvertragliches Wettbewerbsverbot dann sittenwidrig, wenn dieses zeitlich und örtlich unbegrenzt ist. Hierin liegt ein unzulässiger Eingriff in die Berufsfreiheit i.S.v. Art. 12 Abs. 1 GG. Diese Frage des Eingriffs in die Berufsfreiheit stellt sich erst recht dann, wenn ein Franchise-Nehmer mit einem Franchise-Geber für mehrere Franchise-Outlets zeitlich nacheinander mehrere Franchise-Verträge abgeschlossen hat, deren vertraglich vereinbarte Festlaufzeit zu unterschiedlichen Zeitpunkten endet. Ist dann in diesen Franchise-Verträgen ein vertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart, hat dies dem Grunde nach die Wirkungen eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes, da selbst nach Beendigung eines Franchise-Vertrages für einen Standort keine konkurrierende Tätigkeit aufgenommen werden kann, da darin ein Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot liegt, das in den anderen noch bestehenden Franchise-Verträgen für weitere Franchise-Outlets vereinbart wurde. Dem Grunde nach endet damit das vertragliche Wettbewerbsverbot für den ersten abgeschlossenen Franchise-Vertrag erst dann, wenn sämtliche Franchise-Verträge beendet worden sind. Eine solche Perpetuierung eines vertraglichen Wettbewerbsverbotes kommt einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot auf Jahre gleich. Hier greift dann entweder die Sittenwidrigkeitsschranke des § 138 BGB oder aber die Geltung des vertraglichen Wettbewerbsverbotes wird über nachvertragliche Treuepflichten, die sich aus § 242 BGB ergeben, eingeschränkt.
Nach der neueren Rspr. kommt allerdings ein Verstoß gegen ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nur dann in Betracht, wenn durch den Franchise-Geber der Nachweis dafür erbracht werden kann, dass der Franchise-Nehmer nachvertraglich das während der Vertragslaufzeit gemeinsam erworbene Know-how illoyal nutzt.
Rz. 125
Ob neben dem vertraglichen Wettbewerbsverbot auch eine Konkurrenzschutzpflicht oder Konkurrenzabwendungspflicht des Franchise-Gebers besteht, ist umstritten. Unter einer solchen Konkurrenzschutzpflicht wird auch die immanente Pflicht des Franchise-Gebers verstanden, den Franchise-Nehmer vor existenzgefährdendem Wettbewerb innerhalb des eigenen Franchise-Systems zu bewahren. Die EU-Gruppenfreistellungsverordnung für Vertikale Vertriebsbindungen lässt zwar nach wie vor die Festlegung von Vertragsgebieten und vertraglichen und nachvertraglichen Wettbewerbsverboten zu, akzeptiert aber einen Wettbewerb der Franchise-Nehmer untereinander. Dies kommt z.B. darin zum Ausdruck, dass grds. einem Franchise-Nehmer aktives Marketing außerhalb seines Vertragsgebietes nicht untersagt werden darf. Vor dem Hintergrund der EU-Gruppenfreistellungsverordnung für Vertikale Vertriebsbindungen ist daher nur noch von einer eingeschränkten Konkurrenzschutzpflicht des Franchise-Gebers auszugehen, wobei im Einzelfall der Franchise-Nehmer vor unlauterem Verhalten des Franchise-Gebers bzw. anderer Franchise-Nehmer des Systems durch §§ 138, 242 BGB geschützt wird.
Allerdings trifft die Konkurrenzschutzpflicht auch den Franchise-Geber. Dieser darf dem Franchise-Nehmer nicht innerhalb seines Vertragsgebietes Konkurrenz machen oder – wenn kein Gebietsschutz zugunsten des Franchise-Nehmers vereinbart wurde – unmittelbar an dessen Standort. Voraussetzung ist aber immer, dass ein wirtschaftlicher Schaden bis hin zur Insolvenz des Franchise-Nehmers bei einer konkurrierenden Tätigkeit des Franchise-Gebers nicht ausgeschlossen ist.