Dr. Konrad Osthold, Désirée Goertz
Rz. 169
Erst ab Annahme der Erbschaft kann der Erbe verklagt werden, § 1958 BGB. Doch auch nach Annahme der Erbschaft soll er Zeit erhalten, um den Nachlass in Ruhe sichten zu können und sich einen Überblick zu verschaffen. Mit einer übereilten Erfüllung einzelner Forderungen wäre schließlich auch der Mehrheit der Gläubiger nicht gedient. Im Hinblick auf die potenzielle Haftung nach § 1978 BGB hat das Reichsgericht nicht nur ein Recht, sondern auch die Pflicht der Erben zur Erhebung der Einrede statuiert, sofern der Nachlass werthaltig, dies aber nicht hinreichend ersichtlich sei.
Rz. 170
§ 2014 BGB gewährt den Erben daher eine Frist von drei Monaten nach Annahme der Erbschaft. Die Frist ist für jeden der Miterben gesondert zu berechnen. Sie steht auch Nachlasspflegern, Nachlassverwaltern und dem Testamentsvollstrecker zu. Sie verhindert jedoch nicht, dass der jeweilige Miterbe in Verzug gerät, sie schützt lediglich vor einer Zwangsbefriedigung von Gläubigern. Die Verjährung hemmt sie nicht. Sie ist kein Mittel der Haftungsbeschränkung.
Rz. 171
Wurde ein Inventar errichtet, endet die Frist zu diesem Zeitpunkt, auch wenn das Inventar vor Ablauf der drei Monate errichtet wurde. Bei der Erbengemeinschaft ist der Fristablauf nach überwiegender Ansicht grundsätzlich für jeden Erben getrennt festzustellen. Hat sich ein Erbe jedoch auf ein Inventar eines anderen Mitgliedes der Erbengemeinschaft bezogen, so gilt das frühere Fristende auch für ihn.
Rz. 172
Wurde ein Nachlasspfleger zur Verwaltung des Nachlasses bestellt, muss sich auch dieser den notwendigen Überblick verschaffen. Für ihn regelt § 2017 BGB, dass die Frist erst mit seiner Bestellung beginnt. Bestellt ist der Nachlasspfleger gem. § 40 Abs. 1 FamFG mit der Bekanntmachung des Beschlusses an ihn. Nimmt der Erbe das Erbe während der Pflegschaft an und entfällt sie sodann, beginnt der Fristablauf der Dreimonatseinrede nicht erneut, sondern läuft weiter.
Rz. 173
Die Einrede kann nicht gegenüber einem Anspruch aus § 1963 BGB erhoben werden. Weitere Ausnahmen bestehen bspw. bezüglich des sog. "Dreißigsten" nach § 1969 BGB.
Rz. 174
Für den unbeschränkt haftenden Miterben ist die Erhebung der Einrede nach § 2014 BGB gem. § 2016 Abs. 1 BGB nicht möglich. Ferner greift die Einrede nicht gegenüber Gläubigern, die zum Zeitpunkt des Erbfalles bereits dinglich bzw. durch Vormerkung gesichert sind; diese können jederzeit Befriedigung aus dem zu ihren Gunsten gesicherten Gegenstand suchen. Der Dreimonatseinrede kommt ebenso wenig wie der aufschiebenden Einrede nach § 2015 BGB eine erhebliche Praxisrelevanz zu.