Rz. 1
In der Beratungspraxis taucht immer wieder die Frage auf, inwieweit Angehörige des späteren Erblassers von einem Arzt Auskunft darüber verlangen können, welches Ergebnis eine Diagnose zu einer etwaigen Geschäftsunfähigkeit des potenziellen Erblassers zu erwarten ist bzw. schon gebracht hat. Dazu ist zunächst festzuhalten, dass das Persönlichkeitsrecht die Autonomie der Person und so auch das Recht eines jeden Patienten auf Bestimmung darüber schützt, welche Informationen über persönliche Lebenssachverhalte Dritten offenbart werden dürfen. Die ohne Einwilligung und Auftrag des Patienten erfolgte Zusendung eines ärztlichen Attestes an Dritte, auch an einen Angehörigen (bspw. die Ehefrau), verletzt den Patienten in seinem Recht auf Selbstbestimmung und dem Recht zu entscheiden, wer über seinen Gesundheitszustand informiert wird.
Rz. 2
Nach der Rechtsprechung des BGH kommt dem aus Art. 1 und Art. 2 GG herzuleitenden Selbstbestimmungsrecht des Patienten eine fundamentale Bedeutung zu; es obliegt alleine der Entscheidung des Patienten, ob und wie er sich behandeln lässt. Es steht nicht im Belieben Dritter, aus welchem Motiv auch immer sie handeln, sich über das Selbstbestimmungsrecht eines behandlungsbedürftigen Menschen hinwegzusetzen. Für Fälle, in denen ein Mensch nicht mehr selbstverantwortlich entscheiden und handeln kann, sieht die Rechtsordnung geregelte Verfahren vor, wie das Betreuungs- und Unterbringungsverfahren, um in Ausnahmefällen unter Wahrung der Rechte des Betroffenen Eingriffe in das Recht der Selbstbestimmung vorzunehmen. Diese Verfahren, die dem fundamentalen Grundsatz der Selbstbestimmung Rechnung tragen, stehen nicht zur Disposition Dritter, auch nicht potenzieller Erben.
Rz. 3
Zu prüfen ist, ob rechtzeitig Beweise gesichert und Indizien für das Bestehen der Testierfähigkeit geschaffen werden können. Beabsichtigt der Erblasser die Errichtung eines Testaments, so bietet sich die Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens oder eines fachärztlichen Attests zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung an. Dieses kann dann als Beweismittel in einem späteren Verfahren genutzt werden oder zumindest Anknüpfungstatsachen für ein gerichtliches Sachverständigengutachten liefern.
Rz. 4
Darüber hinaus können potenzielle Zeugen befragt und zur Anfertigung von Gesprächsprotokollen veranlasst werden. Diese können später als Anhaltspunkte für ein Gutachten oder zumindest zur Gedächtnisauffrischung der Zeugen selbst genutzt werden. Gespräche mit dem Erblasser, die Rückschlüsse auf dessen geistige Fähigkeiten zulassen, sollten schriftlich festgehalten werden.