Rz. 12
Prozessual ist der Einwand des Mitverschuldens keine Einrede, die für ihre Wirksamkeit erst erhoben werden müsste, sondern nach einhelliger Ansicht eine von Amts wegen zu beachtende Einwendung. Die Frage des mitwirkenden Verschuldens ist von Amts wegen auch noch in der Revisionsinstanz zu prüfen. Aus dem Charakter als Rechtsvorschrift (§ 254 BGB) ist ferner abzuleiten, dass es auch nicht erforderlich ist, hierzu Rechtsausführungen zu machen. Es genügt, dass Umstände tatsächlicher Art vorgetragen werden, die in rechtlicher Hinsicht das Mitverschulden begründen. Bei Säumnis der beklagten Partei ist daher das Mitverschulden des Klägers auch dann im Versäumnisurteil zu berücksichtigen, wenn es sich aus dem Sachvortrag des klagenden Geschädigten ergibt.
Rz. 13
Grds. hat der Tatrichter die Schadensbeiträge des Anwalts und des geschädigten Mandanten aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls gegeneinander abzuwägen. Die Haftungsverteilung des Tatrichters ist mit der Revision nur begrenzt angreifbar. Das Revisionsgericht kann nur nachprüfen, ob der Abwägung rechtlich zulässige Erwägungen zugrunde liegen und der Tatrichter dabei alle in Betracht kommenden Umstände vollständig und richtig berücksichtigt und nicht gegen Denk- und Erfahrungssätze verstoßen hat. Die Abwägung darf insb. nicht schematisch erfolgen, sondern muss alle festgestellten Umstände des Einzelfalls berücksichtigen. Unterlässt es jedoch das Berufungsgericht, sämtliche wechselseitige Schadensbeiträge der Parteien festzustellen und aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls gegeneinander abzuwägen, so hält dies der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Revisionsgericht kann die Abwägung der Schadensbeiträge i.R.d. § 254 BGB selbst vornehmen, wenn dafür alle tatsächlichen Umstände feststehen.
Rz. 14
Die Entscheidung über den Grund des Schadensersatzanspruchs erstreckt sich grds. auf den Einwand des Mitverschuldens. Deswegen ist darüber i.d.R. bereits in einem Grundurteil (§ 304 ZPO) zu befinden; ausnahmsweise kann die Abwägung nach § 254 BGB dem Höhe-(Betrags-, Nach-)verfahren vorbehalten werden, wenn bereits endgültig feststeht, dass ein Mitverschulden des Geschädigten allenfalls zu einer Minderung, nicht aber zu einer Beseitigung des Schadensersatzanspruchs führen kann. Dies gilt auch dann, wenn über den Einwand des Mitverschuldens bei der Entstehung einzelner Schadensposten erst im Betragsverfahren entschieden werden soll. Ein Grundurteil darf dagegen nicht ergehen, wenn ungeklärt ist, welches Ereignis von mehreren möglichen schadensbegründenden Vorgängen, die nach Verlauf und Auswirkung – auch bzgl. eines Mitverschuldens – verschieden sind, den Schaden herbeigeführt hat. Die Revision kann auf die Frage des Mitverschuldens beschränkt werden.
In einem Feststellungsurteil über den Grund des Schadensersatzanspruchs muss wegen der Rechtskraftwirkung entschieden werden, ob der Kläger seinen Schaden mitverschuldet hat und deshalb einen Schadensteil selbst tragen muss.
Rz. 15
Der Geschädigte kann – zur Kostenersparnis – unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens nur einen Teil seines Schadensersatzanspruchs einklagen.