a) Allgemeines
Rz. 69
Ein Grundstück ist zu Wohnzwecken vermietet, wenn für die zweckgebundene Nutzungsüberlassung ein Entgelt geschuldet wird. Die Höhe der vereinbarten Miete ist unbeachtlich. Gleiches gilt für die Person des Mieters. Insbesondere eine Vermietung an nahe Angehörige oder unterhaltsberechtigte Personen ist unschädlich, selbst wenn die Unterhalsabgeltung durch die Wohnraumüberlassung einkommensteuerlich nicht anerkannt wird. Nur eine gänzlich unentgeltliche Überlassung ist nicht begünstigt. Gleiches gilt bei einer Vereinbarung einer nur "symbolischen" Miete bzw. stets im Falle einer missbräuchlichen Gestaltung i.S.d. § 42 AO.
Rz. 70
Die Finanzverwaltung stellt auf die tatsächlichen, nicht auf die rechtlichen Nutzungsverhältnisse zum Besteuerungszeitpunkt ab. In Fällen, in denen eine tatsächliche Nutzung zu Wohnzwecken entgegen öffentlich-rechtlichen Vorschriften von den Parteien übereistimmend vereinbart ist, greift das Privileg grundsätzlich auch. Nutzt ein Mieter zu Wohnzwecken vermieteten Wohnraum abredewidrig zu anderen Zwecken, ist dies für die Steuerbefreiung des Eigentümers unschädlich.
Rz. 71
Eine Vermietung zu Wohnzwecken kann auch dann vorliegen, wenn das Objekt zum Stichtag, mithin zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers, von diesem nicht vermietet, allerdings eine Vermietung vom Erblasser bereits beabsichtigt war. Eine Bestimmung zur Vermietung liegt vor, wenn eine konkrete Vermietungsabsicht des Erblassers bestanden hat und mit deren Umsetzung begonnen worden ist. Erforderlich ist, dass die Vermietungsabsicht des Erblassers und der Beginn deren Umsetzung anhand objektiv nachprüfbarer Tatsachen erkennbar geworden sind. Im Rahmen der lebzeitigen Übertragung von Immobilienvermögen in diesem Zusammenhang sollten vorher objektiv nachweisbare Tatsachen geschaffen werden, nach denen sich eine Vermietungsabsicht des Schenkers zum Besteuerungszeitpunkt (also grundsätzlich zum Zeitpunkt der Auflassung und Bewilligung; siehe § 9 Rdn 18 ff.>) nachweisen lässt. Dies kann etwa durch vorherige Einschaltung eines Maklers möglich sein. Die Finanzverwaltung lässt die Steuerbegünstigung grundsätzlich auch zu, wenn ein zur Vermietung zu Wohnzwecken bestimmtes Grundstück im Besteuerungszeitpunkt z.B. wegen Leerstands bei Mieterwechsel oder wegen Modernisierung nicht vermietet ist.
b) Gemischt genutzte Grundstücke i.S.d. § 13d ErbStG
Rz. 72
Immobilien, die nur teilweise Wohnzwecken dienen und im Übrigen z.B. zu eigenen Wohnzwecken oder zu gewerblichen, freiberuflichen oder zu öffentlichen Zwecken genutzt werden oder schlicht leer stehen, sind nur anteilig begünstigt, wobei die tatsächlichen Nutzungsverhältnisse zum Besteuerungszeitpunkt maßgeblich sind.
Rz. 73
Die Aufteilung erfolgt nach dem Verhältnis der zu Wohnzwecken vermieteten Wohnfläche des Gebäudes zur gesamten Wohn-/Nutzfläche, wobei Letztere durch das für die Bestellung des Grundbesitzwerts zuständige Lagefinanzamt ermittelt und dem Erbschaftsteuerfinanzamt mitgeteilt wird. Als Qualifikationskriterium dient dabei u.a. die Wohnflächenverordnung.
Rz. 74
Die Nutzung der vermieteten Wohnung auch zu anderen als zu Wohnzwecken ist unschädlich, wenn sie von nur untergeordneter Bedeutung ist, z.B. durch Nutzung eines Arbeitszimmers. Dabei ist nach Ansicht der Finanzverwaltung eine gewerbliche oder freiberufliche Mitbenutzung einer Wohnung unschädlich, wenn die Wohnnutzung "überwiegt".
Rz. 75
Garagen, Nebenräume und Nebengebäude, die sich auf einem vollständig privilegierten Grundstück befinden und mit den vermieteten Wohnungen gemeinsam genutzt werden, fallen ebenfalls gänzlich unter die Befreiung des § 13d ErbStG.