Rz. 31

Gerade die Vollmacht in vermögensrechtlichen Angelegenheiten birgt eine erhebliche Missbrauchsgefahr in sich und sollte daher nur bei Vorliegen eines ausreichenden Vertrauensverhältnisses zur Person des Bevollmächtigten erteilt werden. Wie bereits dargestellt ist es nicht möglich, die Wirksamkeit der Bevollmächtigung auch im Außenverhältnis davon abhängig zu machen, dass der Vollmachtgeber geschäftsunfähig ist. Nachfolgend werden geeignete Sicherungsmöglichkeiten dargestellt.

a) Anordnung von Gesamtvertretung

 

Rz. 32

Eine sehr effektive Sicherungsmöglichkeit gegen einen Vollmachtsmissbrauch ist die Anordnung der Gesamtvertretung. Wenn z.B. immer mindestens zwei Bevollmächtigte gemeinsam handeln müssen, dürfte ein Vollmachtsmissbrauch nahezu ausgeschlossen sein. Um trotz angeordneter Gesamtvertretung für nicht so missbrauchsanfällige Rechtsgeschäfte eine alltagstaugliche Abwicklung zu ermöglichen, kann in der Vollmacht die Erteilung einer Untervollmacht für einen der Bevollmächtigten für bestimmte Rechtsgeschäfte vorgesehen werden.[43]

 

Rz. 33

Es ist zudem möglich, dass für vermögensrechtliche Angelegenheiten Gesamtvertretung angeordnet wird und in persönlichen Angelegenheiten z.B. der Ehegatte trotzdem einzeln vertreten kann. Denkbar ist auch, dass für die vermögensrechtlichen und die persönlichen Angelegenheiten jeweils separate Urkunden errichtet werden, damit z.B. bei persönlichen Angelegenheiten die Ausfertigungen direkt an die Bevollmächtigten herausgegeben werden und dadurch in medizinischen Notfällen direkte und schnelle Handlungsfähigkeit gewährleistet ist. Bei vermögensrechtlichen Angelegenheiten könnte der Vollmachtgeber zunächst die Ausfertigungen bei sich verwahren oder den Notar anweisen, die Ausfertigung erst bei Nachweis seiner Geschäftsunfähigkeit herauszugeben. Die so eintretende überschaubare zeitliche Verzögerung dürfte bei vermögensrechtlichen Angelegenheiten vertretbar sein.

[43] So auch Heckschen, NZG 2012, 10, 16.

b) Sichere Verwahrung der Ausfertigung der Vollmachtsurkunde

 

Rz. 34

Es bietet sich zudem an, dass die Urschrift der Vollmachtsurkunde bzw. bei einer notariell beurkundeten Vollmacht die Ausfertigung der Vollmachtsurkunde zunächst von dem Vollmachtgeber oder einem engen Vertrauten wie z.B. dem Steuerberater verwahrt wird.[44] Solange der Bevollmächtigte nämlich nicht im Besitz der Urschrift oder der Ausfertigung der Vollmachtsurkunde ist, kann dieser den Vollmachtgeber nicht wirksam vertreten und die Vollmacht daher auch nicht missbrauchen. Die Erteilung einer weiteren Ausfertigung durch den Notar kann dann z.B. von der Prüfung des Vorliegens der Geschäftsunfähigkeit durch den Notar abhängig gemacht werden, ohne dass dies eine Beschränkung der Vollmacht im Außenverhältnis darstellt, die den Gebrauch der Vollmacht beeinträchtigt.[45]

 

Rz. 35

Eine übliche Klausel für den Umgang mit der Ausfertigung der Vollmacht lautet wie folgt:

 

Formulierungsbeispiel

Ausfertigungen dieser Urkunde für die Bevollmächtigten sollen sofort erteilt und mir ausgehändigt werden. Weitere Ausfertigungen soll der Notar erteilen, wenn ich diese selbst anfordere. Die Bevollmächtigten können weitere Ausfertigungen nur verlangen, wenn durch ärztliche Bescheinigung nachgewiesen ist, dass ich durch Alter oder Krankheit daran gehindert bin, für mich selber zu sorgen. Die Bedingung für die Erteilung von Ausfertigungen gilt nur im Innenverhältnis. Der Nachweis bedarf daher nicht der Form des § 29 GBO. Der Notar muss die Richtigkeit der ärztlichen Bescheinigung nicht prüfen. Wenn allerdings widersprechende Bescheinigung vorliegen oder sich sonst Zweifel an der Geschäftsunfähigkeit ergeben, darf der Notar die Erteilung weiterer Ausfertigungen verweigern.

[44] So auch Heckschen, NZG 2012, 10, 17.
[45] Sticherling stellt die in der Notariatspraxis üblichen Modelle sehr ausführlich und praxistauglich dar, Horn/Sticherling, Anwaltformulare Vorsorgevollmachten, § 1 Rn 176 ff.

c) Einsetzung eines Kontrollbevollmächtigten

 

Rz. 36

Es ist auch möglich, einen Kontrollbevollmächtigten zu bestellen oder bei Bestellung von zwei Bevollmächtigten jedem Kontrollbefugnisse gegenüber dem anderen Bevollmächtigten zu erteilen.

d) Einsetzung eines Kontrollbetreuers gem. § 1896 Abs. 3 BGB

 

Rz. 37

Verletzt der Bevollmächtigte oder einer der Bevollmächtigten seine Pflichten, kann das Betreuungsgericht gem. § 1896 Abs. 3 BGB zudem einen Kontrollbetreuer bestellen, der dann notfalls auch die Vollmacht widerrufen kann. Eine Vollmachtskontrollbetreuung darf aber nur angeordnet werden, wenn aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls ein konkretes Bedürfnis für die Überwachung besteht. Hierfür genügt der konkrete, d.h. der durch hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte untermauerte Verdacht, dass mit der Vollmacht dem Betreuungsbedarf nicht Genüge getan wird. Ein Überwachungsbedürfnis in diesem Sinn kann gegeben sein, wenn gegen die Redlichkeit oder die Tauglichkeit des Bevollmächtigten Bedenken bestehen, z.B. wegen eines vorangegangenen Verhaltens des Bevollmächtigten.

 

Rz. 38

Nach der Rechtsprechung des BGH erfordert die Rechtsmacht des Betreuers zum Widerruf einer Vorsorgevollmacht die ausdrückliche Zuweisung dieser Befugnis durch gerichtlichen Be...

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