Entscheidungsstichwort (Thema)
Prüfung einer Vorsorgevollmacht durch Grundbuchamt
Normenkette
BGB §§ 158, 163, 1896; GBO §§ 18, 29
Verfahrensgang
AG Wiesbaden (Verfügung vom 17.07.2013) |
Tenor
Die angefochtene Zwischenverfügung wird aufgehoben.
Das Grundbuchamt wird angewiesen, die Eintragungsanträge vom 10.7.2013 nicht aus den Gründen der Zwischenverfügung vom 17.7.2013 zurückzuweisen.
Gründe
Der Antragsteller zu 1) ist seit dem 11.7.1996 als Alleineigentümer des betroffenen Grundbesitzes eingetragen. Durch Kaufvertrag samt Auflassung vom 2.7.2013 - UR-Nr .../... der Verfahrensbevollmächtigten (Fol. 10/1 ff. der Grundakten) - wurden die betroffenen Grundstücke an die Beteiligten zu 2) und 3) aufgelassen und die Eintragung einer Auflassungsvormerkung bewilligt. Ferner bestellten die Erwerber auf Grund der ihnen eingeräumten Belastungsvollmacht am 2.7.2013 zu UR-Nr .../... der Verfahrensbevollmächtigten eine Grundschuld an den betroffenen Grundstücken.
Mit Schreiben der verfahrensbevollmächtigten Notarin vom 10.7.2013 ist die Eintragung der Auflassungsvormerkung und der Grundschuld beantragt worden unter Vorlage von Ausfertigungen der Urkunden vom 2.7.2013. Mit eingereicht worden ist eine am 22.11.2007 zu UR-Nr .../... des Notars A, O1, protokollierte Vollmachtsurkunde, auf Grund welcher der Antragsteller zu 1) bei der Protokollierung des Kaufvertrages samt Auflassung vom 2.7.2013 durch seinen Bruder B vertreten worden ist.
In der Vollmachtsurkunde vom 22.11.2007 hat der Beteiligte zu 1) unter der Überschrift "Vorsorgevollmacht" erklärt, dass er seinen Bruder B bevollmächtige, ihn in allen seinen Angelegenheiten in jeder rechtlich zulässigen Weise zu vertreten, also in Vermögensangelegenheiten und persönlichen Angelegenheiten, wobei in Vermögensangelegenheiten die Vollmacht u.a. das Recht umfassen sollte, über Vermögensgegenstände jeder Art zu verfügen. Weiter heißt es unter Ziff. 1 der Vollmachtsurkunde vom 22.11.2007:
"Die Vollmacht dient der Vermeidung einer Betreuung und geht der Anordnung einer Betreuung vor. Für Entscheidungen, die auf Grund dieser Vollmacht nicht getroffen werden können, soll der Bevollmächtigte ergänzend zum Betreuer bestellt werden.
Die Vollmacht bleibt gültig, wenn ich geschäftsunfähig geworden sein sollte. Der Vertreter unterliegt nicht den gesetzlichen Beschränkungen eines Betreuers. Wird für Rechtsgeschäfte, für die der Bevollmächtigte keine Vertretungsmacht hat, ein Betreuer bestellt, so bleibt die Vollmacht im Übrigen bestehen."
Der Vollmachtgeber hat nach dem Urkundeninhalt eine Ausfertigung für den Bevollmächtigten und für sich selbst eine beglaubigte Ablichtung der Vollmachtsurkunde beantragt.
Die Grundbuchrechtspflegerin hat mit Zwischenverfügung vom 17.7.2013 (Fol. 10/3 d.A.) die Genehmigung der Kaufvertragsurkunde durch den Beteiligten zu 1) bzw. die Genehmigung der Kaufvertragsurkunde und Grundschuldbestellung durch einen Betreuer samt betreuungsgerichtlicher Genehmigung mit Rechtskraftvermerk und Wirksamkeitsnachweis (Zugang) in der Form des § 29 GBO verlangt. Sie hat die Auffassung vertreten, bei der Vollmacht vom 22.11.2007 handele es sich nicht um eine im Außenverhältnis unbeschränkt erteilte Generalvollmacht, sondern um eine lediglich bedingt erteilte Vollmacht für den Fall, dass eine Betreuung für den Vollmachtgeber erforderlich wird, wobei der Bedingungseintritt im Zeitpunkt der Vertretungshandlung nicht in der für das Grundbuchverfahren erforderlichen Form nachzuweisen sei.
Dagegen richtet sich die am 23.8.2013 eingelegte Beschwerde, mit der die Auffassung vertreten wird, die Vollmacht vom 22.11.2007 könne verwendet werden, ohne dass es des Nachweises des Eintritts der Geschäftsunfähigkeit bedürfe. Weder aus der Bezeichnung als "Vorsorgevollmacht", noch aus den weiteren Erläuterungen sei eine aufschiebende Bedingung abzuleiten, sondern es handele sich um eine Absichts- oder Zweckerklärung. Dass die Vollmacht sofort und uneingeschränkt wirksam sein solle, ergebe sich daraus, dass sie im Fall der Geschäftsunfähigkeit gültig bleiben und der Bevollmächtigte sofort eine Ausfertigung erhalten solle.
Die Grundbuchrechtspflegerin hat mit Beschluss vom 26.8.2013 der Beschwerde nicht abgeholfen und die Nichtabhilfe damit begründet, dass der Rechtsbegriff "Vorsorgevollmacht" durch die Notarin bewusst verwendet worden sei. Die Vollmacht sei ausdrücklich zur Vermeidung einer Betreuung erteilt worden, so dass im Fall der Vorliegens der Voraussetzungen für die Anordnung einer Betreuung - nicht zwingend gleichzusetzen mit der Geschäftsunfähigkeit des Vollmachtgebers - der Bevollmächtigte nicht den Beschränkungen des gerichtlichen Betreuungsverfahrens unterworfen sei und somit direkt und ohne weitere Verzögerungen für den Vollmachtgeber handeln könne.
Die Beschwerde, über die nach der hier erfolgten Nichtabhilfeentscheidung nach § 75 GBO das OLG zu entscheiden hat, ist zulässig (§§ 71 Abs. 1, 73 GBO) und führt auch in der Sache zum Erfolg.
Die angefochtene Zwischenverfügung war aufzuheben, da...