Ansgar Beckervordersandfort
Rz. 1
Mindestens genauso wichtig wie effektive testamentarische und gesellschaftsrechtliche Regelungen sind geeignete Vollmachten, um auch im Falle der Krankheit des Vermögensträgers die nötige Handlungsfähigkeit zu gewährleisten. Ohne geeignete Vollmachten muss für bestimmte Entscheidungen erst vom Betreuungsgericht ein Betreuer bestellt werden. Oft sind komplexe Entscheidungen dann jedoch nicht mehr möglich, da der Betreuer für viele Entscheidungen noch zusätzlich die Genehmigung des Betreuungsgerichts benötigt, welche dann oft nicht oder nur nach einem sehr langwierigen Verfahren erteilt wird. Auf der anderen Seite muss vermieden werden, dass der oder die Bevollmächtigten die Vollmacht gegen die Interessen des Vollmachtgebers einsetzen.
I. Verhältnis von Vollmacht und Betreuung
Rz. 2
Gemäß § 1896 Abs. 2 S. 2 BGB ist die Anordnung einer Betreuung nicht erforderlich, soweit die Angelegenheiten eines Volljährigen durch einen Bevollmächtigten ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können. Falls eine ausdrückliche und wirksame Bevollmächtigung vorliegt, ist daher die Anordnung einer Betreuung grundsätzlich nicht zulässig. Das Betreuungsgericht prüft daher vor Bestellung eines Betreuers, ob eine wirksame Bevollmächtigung vorliegt. Das ist dann der Fall, wenn der Vollmachtgeber bei Errichtung der Vollmacht noch geschäftsfähig war und der Bevollmächtigte sowohl generell als auch konkret als Bevollmächtigter geeignet ist.
II. Geschäftsfähigkeit des Vollmachtgebers
Rz. 3
Die Vollmacht muss noch im Zustand der Geschäftsfähigkeit errichtet werden und darf nach Errichtung nicht widerrufen worden sein. Grundsätzlich wird vermutet, dass der Vollmachtgeber bei Errichtung der Vollmacht geschäftsfähig war. Ein bloßer Verdacht, der Vollmachtgeber sei bei Erteilung der Vollmacht geschäftsunfähig gewesen, genügt nicht, um die Vermutung der Wirksamkeit einer vorliegenden Vollmachtsurkunde zu erschüttern. Kann die Unwirksamkeit einer Vorsorgevollmacht nicht positiv festgestellt werden, bleibt es somit bei der wirksamen Bevollmächtigung.
Rz. 4
Auch der Notar darf bei der notariellen Beurkundung von Erklärungen eines Volljährigen im Grundsatz davon ausgehen, dass der Beteiligte geschäftsfähig ist. Zu weiteren Nachforschungen ist er allerdings verpflichtet, wenn er aufgrund des Verhaltens des Beteiligten oder wegen sonstiger Umstände Zweifel an dessen Geschäftsfähigkeit haben muss. Das kommt z.B. bei fehlender zeitlicher und/oder örtlicher Orientierung des Betroffenen, fehlender Einsicht in die Auswirkungen der Entscheidung, nicht gegebener intellektuelle Aufnahmefähigkeit etc. in Betracht. Entsprechend enthält auch § 11 Abs. 2 BeurkG eine ausdrückliche Einschränkung des Grundsatzes, dass der Notar von der Geschäftsfähigkeit volljähriger Personen ausgehen kann. Bei schwerer Erkrankung, wozu nicht nur körperliche, sondern gerade auch psychische Erkrankungen zählen, ist der Notar in besonderem Umfang verpflichtet, die Geschäftsfähigkeit des Beteiligten zu prüfen. Da er in der Regel nicht über die erforderlichen medizinischen Kenntnisse verfügt, wird sich die Beiziehung eines Arztes oder einer anderen kompetenten Person empfehlen.
Rz. 5
Obwohl bei fehlenden Anhaltspunkten für eine Erkrankung des Vollmachtgebers die Aufnahme einer Feststellung über die Geschäftsfähigkeit in die Urkunde zwingend nur gemäß § 28 BeurkG bei der Beurkundung letztwilliger Verfügungen verlangt wird, ist die generelle Aufnahme der Feststellung der Geschäftsfähigkeit auch sonst zulässig und üblich. Beglaubigt der Notar hingegen lediglich die Unterschrift unter einer nicht von ihm entworfenen Erklärung, besteht für ihn keine Verpflichtung, die Geschäftsfähigkeit des Beteiligten zu prüfen, § 40 Abs. 2 BeurkG.
III. Generelle Geeignetheit des Bevollmächtigten
Rz. 6
Der Bevollmächtigte darf nicht zum Personenkreis des § 1897 Abs. 3 BGB gehören. Danach können z.B. Mitarbeiter eines Altersheims nicht bevollmächtigt werden.
IV. Konkrete Geeignetheit des Bevollmächtigten
Rz. 7
Ferner muss der Bevollmächtigte konkret "geeignet" sein. Das ist er dann nicht, wenn er die Angelegenheiten des Vollmachtgebers nicht besorgen kann, insbesondere weil zu befürchten ist, dass die Wahrnehmung der Interessen des Vollmachtgebers durch den Bevollmächtigten eine konkrete Gefahr für das Wohl des Vollmachtgebers begründet. Dies ist der Fall, wenn der Bevollmächtigte wegen erheblicher Bedenken ...