Eberhard Rott, Dr. Michael Stephan Kornau
A. Einführung
Rz. 1
Generell gilt: Keine Testamentsvollstreckung ohne Testament, präziser gesagt, ohne Verfügung von Todes wegen. Welche Form das Testament hat, ist gleichgültig. Die Anordnung der Testamentsvollstreckung kann gleichermaßen durch ein wirksames handschriftliches Testament wie auch ein notarielles Testament oder – über den Wortlaut des § 2197 BGB hinaus – einen Erbvertrag erfolgen. In letzterem Fall kann die Anordnung wegen der Regelung des § 2278 Abs. 2 BGB jedoch nicht die Qualität einer wechselbezüglichen (vgl. § 2270 Abs. 3 BGB) oder vertragsmäßigen (vgl. §§ 2299, 2278 Abs. 2 BGB) Verfügung erhalten. Sie kann folglich jederzeit unter Beachtung der §§ 2253 ff. BGB vom Verfügenden widerrufen werden.
Rz. 2
Die Anordnung der Testamentsvollstreckung durch ein Rechtsgeschäft unter Lebenden ist wegen des Verstoßes gegen das testamentarische Formerfordernis unzulässig. Für möglich gehalten werden jedoch lebzeitige Vereinbarungen zwischen dem künftigen Erblasser und dem künftigen Testamentsvollstrecker über Fragen, die im Zusammenhang mit der Führung des Testamentsvollstreckeramtes stehen, beispielsweise Vergütungsfragen.
Praxishinweis
Unproblematisch erscheinen solche Regelungen allerdings nicht, da sie in der Praxis Streitpotential wegen des nicht eingehaltenen Formerfordernisses letztwilliger Verfügungen enthalten. Selbst wenn sich die Regelung am Ende eines gerichtlichen Instanzenzuges durchsetzen sollte, würde sie sich im Ergebnis zwar als rechtssicher, wegen des Zeit- und Kostenrisikos aber als wenig praxistauglich herausgestellt haben.
Rz. 3
Im Einzelfall kommt die Umdeutung in ein über den Tod hinaus wirkendes Auftragsverhältnis in Betracht, §§ 671, 672 BGB, das allerdings von den Erben – bei mehreren nur gemeinschaftlich nach § 2040 BGB – einschließlich der zugrunde liegenden Vollmachten widerrufen werden kann.
B. Grundsatz der Eigenanordnung nach § 2065 BGB
Rz. 4
Aufgrund des allgemeinen erbrechtlichen Grundsatzes der Eigenanordnung des § 2065 BGB muss die Anordnung des Rechtsinstitutes der Testamentsvollstreckung durch den Erblasser selbst erfolgen. Lediglich die Bestimmung der konkreten Person des Testamentsvollstreckers kann gem. § 2198 BGB Abs. 1 S. 1 BGB einem Dritten vorbehalten werden, z.B. der Arbeitsgemeinschaft Testamentsvollstreckung und Vermögenssorge (AGT) in Bonn. Häufig wird hierfür auch das Nachlassgericht vorgesehen, § 2200 BGB.
Praxishinweis
Auf jeden Fall sollte in der letztwilligen Verfügung deutlich klargestellt werden, ob der Erblasser den Fortbestand der Testamentsvollstreckung als erbrechtlichem Institut auch bei Wegfall des konkret benannten Testamentsvollstreckers angeordnet wissen will, damit nicht unnötige Streitigkeiten um dieses Frage entstehen. Sinnvollerweise ist sodann gleichzeitig das Verfahren zu klären, wie der Ersatztestamentsvollstrecker zu bestimmen ist.
Rz. 5
Muster 6.1: Testamentsvollstreckeranordnung
Muster 6.1: Testamentsvollstreckeranordnung
Ich ordne Testamentsvollstreckung an. Zum Testamentsvollstrecker ernenne ich _________________________. Sollte diese(r) vor oder nach der Annahme des Amtes wegfallen oder das Amt ablehnen, ersuche ich den Vorstand der Arbeitsgemeinschaft Testamentsvollstreckung und Vermögenssorge (AGT) in Bonn, Lievelingsweg 125, 53119 Bonn, einen geeigneten Ersatztestamentsvollstrecker zu bestimmen. Äußerst hilfsweise ersuche ich das Nachlassgericht, den Ersatztestamentsvollstrecker zu bestimmen, der aus dem Kreis der im Bezirk des übergeordneten Landgerichts geschäftsansässigen und in der Testamentsvollstreckerliste der AGT unter www.testamentsvollstreckerliste.de verzeichneten Testamentsvollstrecker ausgewählt werden soll.
C. Keine Anordnung ohne wirksame letztwillige Verfügung
Rz. 6
Kann die Testamentsvollstreckeranordnung nur durch eine letztwillige Verfügung erfolgen, geht sie zwangsläufig ins Leere, wenn das Testament als solches unwirksam ist. Der Testamentsvollstrecker ist daher – im eigenen und im Interesse des Nachlasses – gut beraten, die Wirksamkeit des Testamentes zu prüfen bzw. prüfen zu lassen. Das Testament ist das Fundament seiner gesamten Arbeit. Auch ein Erbschein oder das Testamentsvollstreckerzeugnis schützen nicht, da sie nicht in Rechtskraft erwachsen und im Fall der Unrichtigkeit auch noch Jahre später eingezogen werden können. Die Zahl unwirksamer Testamente ist erschreckend hoch.
I. Unwirksamkeitsgründe
Rz. 7
Als Unwirksamkeitsgründe sind zu nennen:
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formal unwirksame Testamente. Beispiele: das maschinengeschriebene Testament, aber auch "Oberschrift" oder "Mittelschrift" statt Unterschrift, das gefälschte "eigenhändige" Testament, die Erblasserin diktiert, die Ordensschwester schreibt (für die Erblasserin) "eigenhändig" nieder; |
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Sittenwidrigkeit. Beispiel: Verstoß gegen §§ 138, 242 BGB aufgrund letztwillig verfügter Ebenbürtigkeitsklausel; |