Rz. 29

Im Fall einer Kündigung hat der Insolvenzverwalter daher auch den Sonderkündigungsschutz (etwa § 18 BEEG, § 17 MuSchG, §§ 168, 174 SGB IX) zu beachten. Des Weiteren hat er den amtsbezogenen Kündigungsschutz (etwa § 9 Abs. 3 ASiG; § 58 Abs. 2, § 58d i.V.m. § 58 Abs. 2 BImSchG, § 5 Abs. 1 PflegeZG) zu beachten (Berscheid, BuW 1999, 33, 35; Einzelheiten s. Uhlenbruck/Zobel, § 113 InsO Rn 58 ff.).

 

Rz. 30

Der Schutz dieser Personen ist insolvenzfest und wird durch die Insolvenzverfahrenseröffnung nicht berührt. Besteht für bestimmte Arbeitnehmer Sonderkündigungsschutz, bedarf die Kündigung durch den Insolvenzverwalter – ebenso wie vor Verfahrenseröffnung die Kündigung des Arbeitgebers oder des vorläufigen Insolvenzverwalters – der Zustimmung der zuständigen Behörde. Dabei ist zu beachten, dass die Kündigung von Arbeitnehmerinnen im Mutterschutz neben der Schriftform auch die Angabe der Kündigungsgründe erfordert (§ 17 Abs. 2 S. 2 MuSchG); die Nichtbeachtung dieser Vorschrift führt zur Rechtsunwirksamkeit der Kündigung (Berscheid, ZIP 1997, 1569, 1576). Für Mitglieder der Arbeitnehmervertretungen sieht das Gesetz in § 15 Abs. 4 und 5 KSchG das Recht zur ordentlichen Kündigung frühestens zum Zeitpunkt einer Betriebs- oder Betriebsteilstilllegung vor.

 

Rz. 31

Der Kündigungsschutz schwerbehinderter Menschen ist in §§ 168175 SGB IX geregelt. § 172 Abs. 3 SGB IX schränkt das Ermessen des Integrationsamtes bei der Zustimmung zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen durch den Insolvenzverwalter ein. Nach § 172 Abs. 3 Nr. 1–4 SGB IX soll das Integrationsamt die Zustimmung erteilen, wenn

der Schwerbehinderte in einem Interessenausgleich namentlich als einer der zu entlassenden Arbeitnehmer bezeichnet ist (§ 125 InsO),
die Schwerbehindertenvertretung beim Zustandekommen des Interessenausgleiches gem. § 178 Abs. 2 SGB IX beteiligt worden ist,
der Anteil der nach dem Interessenausgleich zu entlassenden schwerbehinderten Menschen an der Zahl der beschäftigten schwerbehinderten Menschen nicht größer ist als der Anteil der zu entlassenden übrigen Arbeitnehmer an der Zahl der beschäftigten übrigen Arbeitnehmer und
die Gesamtzahl der schwerbehinderten Menschen, die nach dem Interessenausgleich bei dem Arbeitgeber verbleiben sollen, zur Erfüllung der Verpflichtung nach § 154 SGB IX ausreicht.
 

Rz. 32

Die Schwerbehindertenvertretung wird gem. § 178 Abs. 2 SGB IX dergestalt beteiligt, dass sie unverzüglich und umfassend unterrichtet und vor der Entscheidung angehört und ihr die getroffene Entscheidung unverzüglich mitgeteilt wird. Der § 172 Abs. 3 SGB IX ist auch anzuwenden, wenn eine Scherbehindertenvertretung nicht gebildet worden ist; dann genügt das Vorliegen der übrigen Voraussetzungen (Ascheid/Preis/Schmidt/Vossen, SGB IX, § 172 Rn 18). Wenn eine bestehende Schwerbehindertenvertretung vor Ausspruch der Kündigung nicht nach § 178 Abs. 2 S. 1 SGB IX beteiligt worden ist, ist die Kündigung seit dem 1.1.2018 gem. § 178 Abs. 2 S. 3 unwirksam (Ascheid/Preis/Schmidt/Vossen. SGB IX, § 168 Rn 29e).

 

Rz. 33

§ 154 SGB IX regelt die grundsätzliche Verpflichtung zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen. Die Norm regelt, welche Arbeitgeber in welcher Höhe dazu verpflichtet sind, schwerbehinderte Menschen zu beschäftigen. Da nicht alle Arbeitgeber unter die Vorschrift fallen sollen, sondern nur solche, die eine bestimmte Größe erreicht haben, ist eine Mindestgröße von 20 Arbeitsplätzen im Jahresdurchschnitt festgelegt (BeckOK-SozR/Jabben, SGB IX, § 154 Rn 5).

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