Einem schwerbehinderten Arbeitnehmer kann gemäß § 168 SGB IX nur dann wirksam gekündigt werden, wenn zuvor die Zustimmung des Integrationsamtes erteilt wurde. Der Sonderkündigungsschutz gemäß der §§ 168 ff. SGB IX besteht sowohl für die ordentliche als auch für die außerordentliche Kündigung, für die Beendigungs- oder Änderungskündigung, für Einzel-, Gruppen- oder Massenkündigungen. Eine ohne die Zustimmung ausgesprochene Kündigung ist gemäß § 134 BGB nichtig. Hat der Insolvenzverwalter von der Schwerbehinderung keine Kenntnis, muss der Arbeitnehmer ihm dies innerhalb einer Regelfrist von 3 Wochen nach Zugang der ordentlichen Kündigung mitteilen. Die Kündigung muss dann nach Einholung der Zustimmung des Integrationsamtes erneut ausgesprochen werden. Das Arbeitsverhältnis muss ohne Unterbrechung länger als 6 Monate bestanden haben. Ist dies nicht der Fall, besteht kein Sonderkündigungsschutz nach dem SGB IX. Die Kündigung ist dann dem Integrationsamt innerhalb von 4 Tagen anzuzeigen (§ 173 Abs. 4 SGB IX). Keinen Kündigungsschutz haben zudem gemäß § 173 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX z. B. Teilnehmer von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und Beschäftigte, deren Tätigkeit vorwiegend durch Beweggründe karitativer oder religiöser Art bestimmt ist oder die vorwiegend zu ihrer Heilung und Wiedereingliederung beschäftigt werden (BAG, Urteil v. 4.2.1993, 2 AZR 416/92). Ist der Schwerbehinderte dadurch sozial abgesichert, dass er das 58. Lebensjahr vollendet hat und Anspruch auf eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung aufgrund eines Sozialplans oder Anspruch auf Knappschaftsausgleichsleistung oder auf Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus hat, ist die Zustimmung des Integrationsamtes zur Kündigung gemäß § 173 Abs. 2 Nr. 3b SGB IX ebenfalls nicht erforderlich.
Arbeitnehmer im Sinne des SGB IX sind auch Auszubildende und leitende Angestellte.
Genießt der Arbeitnehmer Sonderkündigungsschutz, so hat der Insolvenzverwalter bei dem für den Sitz des Betriebes zuständigen Integrationsamt vor der Kündigung die Zustimmung zur Kündigung schriftlich oder elektronisch zu beantragen und zu begründen (§ 170 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Bei einer außerordentlichen Kündigung kann die Zustimmung zur Kündigung nur innerhalb von 2 Wochen schriftlich oder elektronisch beantragt werden (§ 174 Abs. 2 Satz 1 SGB IX).
In der Regel stellt das örtlich zuständige Integrationsamt einen amtlichen Vordruck zur Verfügung, der zu verwenden ist.
Das Integrationsamt holt zu der ordentlichen Kündigung eine Stellungnahme des Betriebsrats und der Schwerbehindertenvertretung ein. Der Schwerbehinderte wird angehört (§ 170 Abs. 2 SGB IX).
Das Ermessen des Integrationsamtes ist eingeschränkt, wenn Betriebe aufgelöst oder nicht nur vorübergehend wesentlich eingeschränkt werden (§ 172 Abs. 1 SGB IX). Die Zustimmung soll erteilt werden, wenn der Schwerbehinderte einen anderen angemessenen und zumutbaren Arbeitsplatz sicher hat (§ 172 Abs. 2 SGB IX). Gemäß § 172 Abs. 3 SGB IX soll die Zustimmung ferner erteilt werden,
- wenn der Schwerbehinderte in einem Interessenausgleich namentlich als einer der zu entlassenden Arbeitnehmer bezeichnet ist, § 125 InsO,
- wenn die Schwerbehindertenvertretung beim Zustandekommen des Interessenausgleichs gemäß § 178 Abs. 2 SGB IX beteiligt worden ist,
- wenn der Anteil der nach dem Interessenausgleich zu entlassenden Schwerbehinderten an der Zahl der beschäftigten Schwerbehinderten nicht größer ist als der Anteil der zu entlassenden übrigen Arbeitnehmer an der Zahl der beschäftigten übrigen Arbeitnehmer und
- wenn die Gesamtzahl der Schwerbehinderten, die nach dem Interessenausgleich bei dem Arbeitgeber verbleiben sollen, zur Erfüllung der Verpflichtung nach § 154 SGB IX ausreicht.
§ 171 Abs. 5 SGB IX sieht vor, dass das Integrationsamt in den Fällen des § 172 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 SGB IX innerhalb eines Monats vom Tage des Eingangs des Antrages auf Zustimmung zur Kündigung eine Entscheidung zu treffen hat. Dies betrifft die Fälle, in denen Betriebe oder Dienststellen nicht nur vorübergehend eingestellt oder aufgelöst werden oder das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arbeitgebers eröffnet wurde. Hierbei gilt die Fiktion einer positiven Entscheidung zugunsten des antragstellenden Arbeitgebers, wenn nicht innerhalb der Frist eine Entscheidung getroffen wurde. Auch in diesen Fällen haben der Widerspruch und die Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung.
Im Falle der außerordentlichen Kündigung soll das Integrationsamt die Zustimmung erteilen, wenn die Kündigung aus einem Grund erfolgt, der nicht in Zusammenhang mit der Behinderung steht (§ 174 Abs. 4 SGB IX). Das Integrationsamt hat seine Entscheidung innerhalb von 2 Wochen dem Arbeitgeber bekannt zu geben. Wird dem Arbeitgeber innerhalb der Zweiwochenfrist die Entscheidung nicht mitgeteilt, so gilt die Zustimmung des Integrationsamtes als erteilt. Die außerordentliche Kündigung kann dann auch nach Ablauf der Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB gekündigt werden, w...