Dr. Mario Nöll, Gabriela Hack
Rz. 117
Die Verwertung von beweglichen Gegenständen und Forderungen regelt § 166 InsO. Gemäß § 166 Abs. 1 InsO liegt das Verwertungsrecht an einer beweglichen Sache nur dann beim Insolvenzverwalter, wenn sich die fragliche Sache im Besitz des Insolvenzverwalters befindet, was regelmäßig nur dann der Fall sein wird, wenn sie auch schon zuvor im Besitz des Schuldners stand. Bei rechtsgeschäftlich verpfändeten Sachen liegt das Verwertungsrecht daher regelmäßig beim Gläubiger, vgl. §§ 1205, 1253 BGB. Ist der absonderungsberechtigte Gläubiger unmittelbarer Besitzer der Sache, hat der Insolvenzverwalter trotz mittelbaren Besitzes kein Recht zur Verwertung (zur Verwertung von Gegenständen, die mit Absonderungsrechten belastet sind, siehe unten Rdn 123 ff.).
Mittelbarer Besitz genügt, solange der mittelbare Besitz nicht von dem besser besitzenden Gläubiger selbst vermittelt wird.
Rz. 118
Bewegliche Sachen, die in den Haftungsverband einer Grundschuld oder Hypothek fallen (vgl. §§ 1120, 1192 BGB), unterliegen nicht § 166 InsO, sondern werden regelmäßig zusammen mit der Immobilie verwertet.
Sachen, die unter einem einfachen Eigentumsvorbehalt geliefert wurden, unterfallen nicht § 166 Abs. 1 InsO, da an ihnen ggf. ein Aussonderungsrecht besteht, vgl. § 47 InsO.
Rz. 119
Fälle von erweitertem Eigentumsvorbehalt stehen aber dem Sicherungseigentum i.S.d. § 51 Nr. 1 InsO gleich und werden demgemäß von § 166 Abs. 1 InsO erfasst. Weitere wichtige Anwendungsfälle sind das Vermieterpfandrecht und das durch Pfändung erlangte Pfandrecht. Gegenstände, die Pfändungsschutz gem. § 811 Abs. 1 ZPO genießen, gehören nicht zur Insolvenzmasse und können damit auch nicht von § 166 Abs. 1 InsO erfasst werden, selbst dann nicht, wenn sie der Schuldner vorinsolvenzlich zur Sicherung eines Kredites eingesetzt hat.
Rz. 120
Zuweilen werden an einer Sache oder einer Sachgesamtheit mehrere, miteinander konkurrierende Sicherheiten bestellt, z.B. wenn hinsichtlich halbfertiger Produkte Rechte aus verlängerten Eigentumsvorbehalten diverser Lieferanten mit dem Raumsicherungsvertrag einer Bank zusammentreffen. In solchen Fällen schließen sich betroffene Gläubiger nicht selten zu sog. Sicherheitenpools zusammen, um ihre Rechte gemeinsam geltend zu machen.
Rz. 121
Bewegliche Gegenstände werden i.d.R. freihändig verkauft. Hierzu bedient sich der Insolvenzverwalter üblicherweise auf Insolvenzverkäufe und Auktionen spezialisierter (privater) Verwertungsdienstleister. Idealerweise geht einem Verkauf eine sachverständige Bewertung durch einen öffentlich-bestellten und vereidigten Sachverständigen für Gegenstände der konkret zur Veräußerung stehenden Art voraus. Im Zweifel bieten nur entsprechend sachverständige Werteinschätzungen Gewähr dafür, dass der Verkauf zum bestmöglichen Preis erfolgt. Der Sinn der Beauftragung eines solchen Spezialdienstleisters für den Verwalter liegt darin, dass sich der Insolvenzverwalter hierdurch i.d.R. wirksam exkulpieren kann, wenn sich nachträglich herausstellen sollte, dass ein Gegenstand unter Wert veräußert wurde. Kann der Insolvenzverwalter Gegenstände aufgrund eigener Sachkunde selbst zuverlässig be- und verwerten, spricht nichts dagegen, auf die Hinzuziehung entsprechender Dienstleister zu verzichten, wodurch der Insolvenzmasse Verwertungsaufgelder erspart werden. Für den Verwalter ist dies allerdings mit nicht zu unterschätzenden Haftungsrisiken verbunden. Von Verkäufen an sich selbst, verbundene Unternehmen oder anderweit nahestehende Personen sollten Insolvenzverwalter tunlichst absehen. Wenn überhaupt, sollten solche Geschäfte stets gegenüber dem Insolvenzgericht und der Gläubigerversammlung vorab offengelegt werden und ungeachtet des § 160 InsO stets nur mit Zustimmung der Gläubigerversammlung getätigt werden.
Rz. 122
Die Verwertung von Forderungen erfolgt durch Einzug. Gemäß § 166 Abs. 2 InsO liegt die Befugnis zur Einziehung sicherungshalber abgetretener Forderungen bei dem Insolvenzverwalter. Erfasst werden neben klassischen Sicherungszessionen (Globalzessionen etc.) auch Fälle des verlängerten Eigentumsvorbehaltes.
Rechtsgeschäftlich verpfändete Forderungen wurden vom Gesetzgeber des § 166 Abs. 2 InsO bewusst ausgeklammert. Das Verwertungsrecht liegt insoweit beim Pfändungsgläubiger. Eine analoge Anwendung auf verpfändete Forderungen scheidet aus.