Rz. 77
Nach § 2057 BGB ist ein Miterbe verpflichtet, den übrigen Miterben Auskunft über diejenigen Vorempfänge zu erteilen, die er nach den §§ 2050 ff. BGB zur Ausgleichung zu bringen hat. Mit dem Auskunftsanspruch aus § 2057 BGB wird sichergestellt, dass der einzelne Miterbe sein Recht auf Ausgleichung auch geltend machen und die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft ordnungsgemäß erfolgen kann. Die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft kann so lange nicht verlangt werden, wie nicht Auskunft über alle ausgleichungspflichtigen Vorempfänge erteilt ist, denn eine korrekte Auseinandersetzung setzt voraus, dass die Vorempfänge bekannt sind.
Rz. 78
Den Auskunftsanspruch kann jeder Miterbe als Bestandteil seines Eigenvermögens selbstständig geltend machen. Es handelt sich nicht um einen Anspruch pro socio, der unter die §§ 2038, 2039 BGB fällt, da der Anspruch nicht zum Nachlass gehört. Voraussetzung für das Bestehen des Anspruchs ist, dass die Ausgleichung einer Zuwendung nach den §§ 2050–2053 BGB möglich ist.
Rz. 79
Der Anspruch ist grundsätzlich auf eine gegenständlich und zeitlich unbegrenzte Gesamtaufklärung gerichtet. Dennoch findet der Anspruch seine Grenzen dort, wo das Auskunftsverlangen zu "befremdlichen Bilanzposten" führen würde. Dementsprechend kann die Offenbarung von Zuwendungen ab der frühesten Kindheit, bzw. die Mitteilung "jeder Kleinigkeit", nicht verlangt werden.
Rz. 80
Von der Auskunftspflicht umfasst sind alle Zuwendungen, die möglicherweise nach den §§ 2050–2053 BGB zur Ausgleichung zu bringen sind. Die Bewertung, ob eine Zuwendung der Ausgleichspflicht unterliegt, ist nicht vom auskunftspflichtigen Miterben vorzunehmen.
Mitzuteilen sind daher alle Daten, die für die Ausgleichung relevant sind. Hierzu gehören die Zuwendung selbst, der Zeitpunkt der Zuwendung sowie alle Umstände die für bzw. gegen eine Ausgleichung sprechen. Selbstverständlich sind auch etwaige Gegenleistungen, die der Zuwendungsempfänger erbracht hat, bekannt zu geben. Ob die Auskunftspflicht auch die Angabe der wertbildenden Faktoren umfasst, ist umstritten. Die wohl herrschende Meinung geht davon aus, dass im Rahmen der Auskunft nach § 2057 BGB wertbildende Faktoren mitzuteilen sind. Nach anderer Auffassung soll das nicht der Fall sein. Begründet wird diese Auffassung damit, dass Auskunft und Wertermittlung voneinander unabhängig seien, die Auskunft der Wertermittlung häufig voraus, jedoch nicht mit ihr einherginge. Zudem bestünde kein praktisches Bedürfnis für eine Ausweitung des Anspruchs aus § 2057 auf "wertbildende Faktoren".
Rz. 81
Ein Anspruch auf Wertermittlung ergibt sich direkt aus § 2057 BGB nicht. Gegebenenfalls kann sich aber ein Anspruch aus § 242 BGB gerichtet auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens ergeben, wenn die Wertermittlung auf andere Weise nicht möglich ist. Nach anderer Auffassung ergibt sich aus § 2055 Abs. 2 BGB ein selbständiger Anspruch auf Wertermittlung. Die Kosten eines Sachverständigengutachtens hat der Anspruchsteller zu tragen.
Rz. 82
Zur Auskunft verpflichtet ist jeder, der nach §§ 2050 ff. BGB zur Ausgleichung verpflichtet ist. Zu diesem Personenkreis gehört in analoger Anwendung der Vorschrift ferner ein Pflichtteilsberechtigter gegen einen anderen Pflichtteilsberechtigten.
Hierneben kann auch derjenige Erbe, der selbst kein Abkömmling des Erblassers ist, von pflichtteilsberechtigten Abkömmlingen des Erblassers nach § 2057 BGB Auskunft verlangen, denn nur so kann der Erbe als Schuldner des Pflichtteilsanspruchs Kenntnis darüber erhalten, wie sich die Pflichtteilsschuld auf die einzelnen Pflichtteilsberechtigten verteilt. Anders wird das vom OLG München gesehen und ein Auskunftsanspruch abgelehnt. Das OLG München ist der Auffassung, dass sich die wirtschaftliche Situation des Alleinerben durch die Auskunft nicht ändert, da durch die Ausgleichung lediglich die Pflichtteilsquoten verschoben würden, der Pflichtteilsanspruch an sich hierdurch aber nicht beeinflusst werde.
Die Auskunft verlangen kann neben den ausgleichungsberechtigten Miterben, auch der enterbte pflichtteilsberechtigte Abkömmling sowie der Testamentsvollstrecker, in dessen Aufgabenbereich die Auseinandersetzung des Nachlasses fällt.
Rz. 83
Die Auskunft kann formlos erteilt werden. Es genügt daher grundsätzlich auch eine mündliche Auskunft. Aus Beweisgründen empfiehlt es sich aber, die Auskunft schriftlich zu erteilen. Ein Bestandsverzeichnis ist gemäß § 260 Abs. 1 BGB nur vorzulegen, wenn der Vorempfang aus einem Inbegriff von Gegenständen bestanden hat. Eine Pflicht zur Vorlage von Belegen besteht nicht.
Rz. 84
Nach § 2057 S. 2 BGB finden die Vorschriften der §§ 260, 261 BGB über die Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung entsprechende Anwendung. Voraussetzung für den Anspruch auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung sind Zweifel an der Richtigkeit der erteilten Aus...