Dr. iur. Tobias Spanke, Walter Krug
Rz. 208
In Ehegattentestamenten oder Ehegattenerbverträgen wird dem Überlebenden häufig ein Nießbrauchsrecht zugewandt. Dabei ist besonders zu differenzieren, ob der Nießbrauch am Nachlass zugewandt wurde – dann gelten die Vorschriften über den Vermögensnießbrauch, §§ 1085 ff. BGB – oder der Nießbrauch am jeweiligen Erbteil der Kinder – dann handelt es sich jeweils um einen Nießbrauch an einem Recht (§§ 1068, 1069 BGB).
Der Nießbrauch am Nachlass lastet auf jedem einzelnen Nachlassgegenstand und damit, wenn der überlebende Ehegatte als Nießbraucher auch zum Kreis der Erben gehört, auch auf seinem Anteil an den einzelnen Nachlassgegenständen. Beim Erbteilsnießbrauch ist sein Erbteil nicht belastet.
Rz. 209
Bei der Erfüllung des Vermächtnisanspruchs bestehen Unterschiede:
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Ist der Nießbrauch am Nachlass eingeräumt, so erfolgt die Bestellung je nach Art des Nachlassgegenstandes nach den Vorschriften über die Nießbrauchsbestellung an Sachen bzw. Rechten, was für die Praxis in aller Regel einfacher zu handhaben ist, weil formlose Einigungen ausreichen. Bei Grundstücken wäre allerdings noch eine Eintragung im Grundbuch erforderlich, § 873 BGB. |
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Beim Erbteilsnießbrauch erfolgt die Bestellung durch notarielle Beurkundung, §§ 1069, 2033 Abs. 1 BGB. |
Rz. 210
Bezüglich der Verfügung über Nachlassgegenstände, der dinglichen Surrogation und der Erbauseinandersetzung ergeben sich weitere Besonderheiten:
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In entsprechender Anwendung von § 1071 BGB kann bei einem Nießbrauch an einem Erbteil der nießbrauchsbelastete Erbe nicht mehr zusammen mit den anderen Miterben über den einzelnen Nachlassgegenstand verfügen. Vielmehr ist die Zustimmung des Nießbrauchers dazu erforderlich, weil andernfalls der Erbteil substantiell verändert würde. |
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Beim Nießbrauch an Sachen und am gesamten Nachlass gibt es keine dinglich wirkende Surrogation, während der Nießbraucher am Erbteil über die Surrogationsvorschrift des § 2041 BGB in der Erbengemeinschaft daran ebenfalls teilnimmt – ein nicht zu unterschätzender Vorteil. Der Erbteilsnießbrauch kann im Grundbuch eingetragen werden. |
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Nießbrauchsbelasteter Erbe und Nießbraucher können nur gemeinsam die Auseinandersetzung des Nachlasses verlangen, §§ 2042 Abs. 1, 1066 Abs. 2 BGB. Der Nießbrauch kann bei der Auseinandersetzung nicht ohne Zustimmung des Nießbrauchers aufgehoben werden, § 1071 Abs. 1 BGB. |
Rz. 211
Wird der Nießbrauch an sämtlichen Erbteilen derselben Person eingeräumt, so ist es Auslegungsfrage, ob damit ein Nießbrauch an allen Nachlassgegenständen bestellt werden soll oder ob es sich um einzelne Nießbrauchsrechte am jeweiligen Erbteil handeln soll.
Rz. 212
Bei der Testamentsgestaltung sollte deshalb genau geklärt werden, welche Art von Nießbrauch eingeräumt werden soll – der Nießbrauch an allen oder einzelnen Erbteilen oder der Nießbrauch an allen oder einzelnen Nachlassgegenständen. Sehr häufig wird in der Praxis die Rechtsstellung des Nießbrauchers (überlebender Ehegatte) dadurch gestärkt, dass er zusätzlich zum Verwaltungstestamentsvollstrecker eingesetzt wird. Damit erhält er neben dem Nutzziehungsrecht noch die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über die Nachlassgegenstände nach §§ 2205, 2211 BGB.