Frank-Michael Goebel, Claudia Wagener-Neef
Rz. 65
Die Höhe der Fahrtkosten ergibt sich aus Nr. 7003 VV RVG (Benutzung des eigenen Kraftfahrzeuges) und Nr. 7004 VV RVG (Nutzung anderer – öffentlicher – Verkehrsmittel). Grundsätzlich steht es dem RA frei, ob er sein Kfz nutzt oder die Reise mit öffentlichen Verkehrsmitteln bestreitet. Allenfalls, wenn die Kosten des öffentlichen Verkehrsmittels wesentlich geringer ausgefallen wären und für die Benutzung des Pkws kein sachlicher Grund bestand, kann eine Kürzung der Fahrtkosten mit dem Kfz in Frage kommen. Der RA ist auch nicht verpflichtet, zusammen mit seinem Auftraggeber in einem Fahrzeug zum Termin zu fahren.
Rz. 66
Hinweis
Umgekehrt kann der Rechtsanwalt – auch vor dem Hintergrund von Terminszeiten – nicht gezwungen werden, einen Pkw zu nutzen, wenn er mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen möchte. Unter Umständen muss er allerdings am Vortag anreisen. Er kann sich also die Möglichkeit erhalten, mit dem Zug zu reisen und dort zu arbeiten bzw. sich auf den Termin vorzubereiten. Dabei dürfen auch gesamtgesellschaftliche Zielsetzungen wie der Umweltschutz betrachtet werden.
Rz. 67
Die Wahl des Anreisemittels darf allerdings auch nicht als Instrument genutzt werden, um prozessual-taktisch zu agieren. Insoweit gilt eine allgemeine Missbrauchskontrolle. Gleiches gilt, wenn die Kosten eines Verkehrsmittels außer jedem Verhältnis zur Wahl des anderen Verkehrsmittels stehen. Jedenfalls zwischen Bahn und Kfz dürfte dies nicht der Fall sein.
1. Benutzung des eigenen Kraftfahrzeuges
Rz. 68
Gem. Nr. 7003 VV RVG erhält der RA für jeden gefahrenen km einen Betrag von 0,30 EUR. Mit dieser pauschalen Km-Abgeltung sind nicht nur die laufenden Betriebskosten des Kraftfahrzeugs abgegolten, sondern gem. Anm. zu Nr. 7003 VV RVG auch die Anschaffungs- und Unterhaltungskosten sowie die Abnutzung des Fahrzeuges. Auch die Fahrtkostenpauschale ist umsatzsteuerpflichtig, so dass die gesetzliche Umsatzsteuer hinzuzuaddieren ist. Ob die Pauschale im konkreten Fall auskömmlich ist, bleibt angesichts der eindeutigen gesetzlichen Regelung unerheblich. Allerdings wird der Gesetzgeber gezwungen sein, in regelmäßigen Abständen die Angemessenheit zu überprüfen. Nicht von der Pauschale erfasst werden die in Verbindung mit einem Termin anfallenden Parkgebühren, die gesondert nach Nr. 7006 VV RVG verlangt werden können.
In Ansatz gebracht werden alle gefahrenen Kilometer, dementsprechend die erforderlichen Kilometer der Hin- und Rückfahrt, wobei die direkte Wegstrecke zu wählen ist. Längere Strecken kann der RA wählen, wenn sie zweckmäßig sind, wie z.B. bei überwiegender Nutzung von Autobahnen, wenn damit eine Zeitersparnis erreicht wird, die dem Auftraggeber dann auch im Rahmen des Tage- und Abwesenheitsgeldes zugutekommt. Der begonnene Kilometer ist auf volle Kilometer aufzurunden.
Rz. 69
Als Kraftfahrzeuge sind Pkws, Motorräder und Mofas zu verstehen. Aufgrund der Definition aus § 1 Abs. 2 StVG, wonach Kraftfahrzeuge Landfahrzeuge sind, die durch Maschinenkraft bewegt werden, ohne an Bahngleise gebunden zu sein, kann ein E-Bike durchaus als Kraftfahrzeug gewertet werden; nicht aber ein Fahrrad.
Rz. 70
Nr. 7003 VV RVG stellt auf ein "eigenes Kraftfahrzeug" ab. Der RA oder die Sozietät müssen zur Abrechnung nach Nr. 7003 VV RVG Eigentümer oder Halter des Fahrzeuges sein. Dem steht gleich, wenn der RA oder die Sozietät Leasingnehmer sind. Nutzt er für die Reise einen Mietwagen, greift die pauschale Kilometergeld-Erstattung nicht, und er muss die ihm konkret entstandenen Mietwagenkosten abrechnen.
2. Nutzung anderer Verkehrsmittel
Rz. 71
Unter anderen Verkehrsmitteln i.S.v. Nr. 7004 VV RVG sind Bus, Bahn, Taxi, Schiff und Luftverkehrsmittel zu verstehen.
Rz. 72
Bei Nutzung der vorgenannten Verkehrsmittel sind die tatsächlich entstandenen Kosten zu erstatten, soweit sie angemessen sind. Eine Erstattung von Bus- und Bahnreisekosten hat immer zu erfolgen. Der RA kann entscheiden, ob er es vorzieht, mit Bus und/oder Bahn zu reisen statt mit dem Kfz. Ergangene Entscheidungen, dass ein RA veranlasst werden kann, einfacher oder 2. Klasse zu reisen, können nicht geteilt werden. Zu Recht existiert in der Literatur der Hinweis, dass es sogar dem Zeugen gem. § 5 Abs. 1 JVEG zugebilligt wird, 1. Klasse zu reisen. Wenn dieser etwas größere Komfort einem Zeugen zuerkannt wird, hat dies für einen RA ebenso zu gelten. Auch muss angesichts der niedrigen Tage- und Abwesenheitsgelder dem RA die Möglichkeit eröffnet werden, die Reisezeit zur Arbeit zu nutzen. Die 1. Klasse der Bahn ist auf arbeitende Geschäftsreisende ausgerichtet, so dass auch aus diesem Grunde deren Nutzung im Abrechnungs- wie im Erstattungsverhältnis anzuerkennen ist.
Rz. 73
Auch beim Vorhandensein einer Bahncard hat der RA die tatsächlich aufgewendeten Verkehrsmittelkosten abzurechnen und nicht die Kosten, die ihm ohne Bahncard entstanden wären. Der RA ist allerdings nicht verpflichtet, zur Kostenminimierung für die einzelnen Auftraggeber eine Bahncard anzuschaffen.
Rz. 7...