A. Einleitung

 

Rz. 1

Während des Prozesses kann die Anwendung der passenden Taktik für den prozessualen Erfolg von entscheidender Bedeutung sein.

B. Verweisungsantrag

 

Rz. 2

Ist das Gericht örtlich oder sachlich unzuständig, wird der Beklagte dies rügen; das Gericht wird einen entsprechenden Hinweis erteilen. Es ist Verweisung zu beantragen. Eine Verweisung darf nur auf Antrag der klagenden Partei erfolgen, § 281 Abs. 1 ZPO. Eine Verweisung von Amts wegen wäre unzulässig. Ein Verweisungsantrag kann aber auch hilfsweise gestellt werden.

 

Rz. 3

Der Kläger sollte beim Verweisungsantrag das zuständige Gericht benennen, er braucht es aber nicht und sollte dies jedenfalls bei mehreren in Betracht kommenden Gerichtsständen auch tun. Es genügt, dass das angerufene Gericht ein inländisches Gericht als örtlich und sachlich zuständig bestimmen kann. Meist wird sich aus der Schilderung des Sachverhalts für das Gericht erschließen, wohin es den Rechtsstreit zu verweisen hat. Vor einer Zustellung der Klage (Rechtshängigkeit) ist auf Antrag nur eine – ohne Bindungswirkung des § 281 ZPO – formlose Abgabe an das zuständige Gericht möglich.

 

Rz. 4

Der Verweisungsantrag ist so früh wie möglich zu stellen, um nachteilige Kostenfolgen nach § 281 Abs. 3 ZPO zu vermeiden bzw. zu verringern. Soll die Klage Fristen, z.B. Verjährungsfristen, wahren, muss der Rechtsanwalt die Zustellung der Klage an den Beklagten durch das unzuständige Gericht abwarten und darf erst dann Verweisung beantragen.

 

Rz. 5

Ausnahmsweise kann auch der Beklagte/Antragsgegner einen Verweisungsantrag stellen, so:

bei der Widerklage (§ 506 ZPO),
falls er im Mahnverfahren beantragt, das streitige Verfahren durchzuführen (§ 696 Abs. 1 ZPO) oder
wenn die Kammer für Handelssachen zuständig und die allgemeine Zivilkammer unzuständig ist (§ 101 GVG).

C. Klageerhöhung

 

Rz. 6

Sollte sich im Verlauf des Rechtsstreits herausstellen, dass weitere Ansprüche als die bislang eingeklagten bestehen, kann die Klage dementsprechend erhöht werden. Dasselbe gilt, wenn zunächst aus Gründen prozessualer Vorsicht – im Kosteninteresse – nur ein Teilbetrag geltend gemacht wurde und sich nun abzeichnet, etwa nach erfolgter Beweisaufnahme, dass die Prozesschancen gut sind.

 

Rz. 7

Eine Klageerhöhung ist bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung möglich und unterliegt nicht den Verspätungsvorschriften. Wird der maßgebende Schriftsatz in der mündlichen Verhandlung überreicht und sogleich dem Beklagten oder dem Beklagtenvertreter überreicht, bedarf es keiner weiteren Zustellung mehr. Ansonsten wird der Gerichtskostenvorschuss zum höheren Streitwert nachgefordert und der klagerhöhende Schriftsatz erst nach Einzahlung zugestellt werden.

 

Rz. 8

Gleichfalls wären vor einer Erhöhung die Konsequenzen einer etwaigen sachlichen Unzuständigkeit zu bedenken, wenn die Klage beim Amtsgericht erhoben wurde und der Streitwert infolge Erhöhung über 5.000,00 EUR liegt.

D. Antrag auf Erlass eines Teilurteils

 

Rz. 9

Wurden mit der Klage mehrere Ansprüche geltend gemacht und ist einer dieser Ansprüche "entscheidungsreif", kann das Gericht darüber durch ein Teilurteil bestimmen, § 301 Abs. 1 S. 1 ZPO. Dasselbe gilt grundsätzlich, wenn zwar mit der Klage nur ein Anspruch verfolgt wird, über einen Teil dieses Anspruchs aber schon entschieden werden kann, § 301 Abs. 1 S. 2 ZPO. Nur wenn das Gericht "nach Lage der Sache" ein Teilurteil nicht für angemessen hält, braucht es dieses gemäß § 301 Abs. 2 ZPO nicht zu erlassen. Ob ein Teilurteil bei Vorliegen der Voraussetzungen erlassen wird, steht nach h.M. im nicht nachprüfbaren Ermessen des Gerichts.

 

Rz. 10

Für den Kläger ist der Erlass eines Teilurteils interessant, weil er daraus – regelmäßig gegen Sicherheitsleistung – schon vollstrecken kann. Er sollte daher ggf. den Erlass des Teilurteils beantragen. Das Gericht wird jedoch trotz Teilbarkeit des Streitgegenstands kein Teilurteil erlassen, wenn die Möglichkeit eines Widerspruchs zu dem dann noch verbleibenden Teil bestehen könnte. Ungeschriebene (Zulässigkeits-)Voraussetzung ist nämlich die Unabhängigkeit des Teilurteils von der Entscheidung des Rest-Streits (Teilentscheidungsreife und Widerspruchsfreiheit zum Schlussurteil).[1]

[1] BGH, Urt. v. 17.2.1999 – X ZR 101/97, juris Rn 12 m.w.N. = NJW 2000, 137–140.

E. Antrag auf Erlass eines Grundurteils

 

Rz. 11

Auch der Antrag auf Erlass eines Grundurteils kann prozessual nutzbringend sein: Mit einem solchen Urteil entscheidet das Gericht nach § 304 Abs. 1 ZPO vorab über den Grund des Anspruchs, wenn die Parteien sowohl darüber als auch über den eingeklagten Betrag streiten. Steht durch ein Grundurteil fest, dass der Beklagte dem Grunde nach (oder ggf. zu einem bestimmten Prozentsatz) haftet oder dem Grunde nach verpflichtet ist, an den Kläger einen (noch zu bestimmenden) Betrag zu zahlen, erhöht dies eventuell die Chancen auf eine schnelle vergleichsweise Einigung der Parteien.

 

Rz. 12

Prozessual bindet das Grundurteil für das Betragsverfahren (§§ 318, 512, 548 i.V.m. § 304 Abs. 2 ZPO). Ein Grundurteil ist ein materielles Zwischenurteil besonderer Art. Es entscheidet nur über den Grund des Anspruchs und beendet de...

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