Rz. 217

Da die vorgenannten Tatsachen dem Gericht soweit wie möglich darzulegen sind, hat sich in der Praxis immer mehr die Beurteilung durch Kfz-Sachverständige – wenngleich es sich beim Minderwertanspruch im Kern um eine Ermessensfrage des Gerichts gem. § 287 ZPO handelt – durchgesetzt, zumal diese in der Regel auch von einem der oben genannten Modelle ausgeht.

 

Rz. 218

In aller Regel ist der Bewertung der Wertminderung durch einen Sachverständigen der Vorzug gegenüber irgendwelchen Formeln und ohnehin nicht einheitlich angewendeten Berechnungsmethoden zu geben, die auf dem Gebrauchtwagenmarkt keinerlei Entsprechung gefunden haben (so auch OLG Köln VersR 1992, 973; LG Köln NZV 2001, 175; OLG Frankfurt a.M. NZV 2017, 27). Damit erübrigt sich in der Regel auch die Frage, ob es ab einem bestimmten Fahrzeugalter keine Wertminderung mehr gibt. Wenn der Sachverständige sie zuspricht, dann gibt es sie auch, und niemand kann die Frage besser beantworten als ein Sachverständiger, der die erforderliche Übersicht über den Gebrauchtwagenmarkt hat.

 

Rz. 219

Dass im Einzelfall Gutachter zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen können, spricht nicht gegen die Einschaltung von Sachverständigen. Bei Wertermittlungen ist ohnehin von vornherein kein einheitliches Ergebnis zu erwarten, wenn die Wertermittlung auf Marktbeobachtung beruht. Deshalb ist den Sachverständigen stets ein sachgerechtes Ermessen im Rahmen einer gewissen Bandbreite zuzubilligen.

 

Rz. 220

 

Tipp

Es ist ratsam, stets ein Sachverständigengutachten anfertigen zu lassen, wenn es um die Wertminderung geht. Dabei kann dem Sachverständigen ggf. aufgegeben werden, die Wertminderung auf der Grundlage von Ruhkopf/Sahm zu errechnen. Die Eigenberechnungen eines Anwaltes sind regelmäßig viel zu streitanfällig und werden von den Versicherern meistens durch hauseigene Sachverständige "aus den Angeln gehoben".

 

Rz. 221

Bei Bagatellschäden, die nur einzelne eng abgegrenzte Bereiche des Fahrzeugs betreffen, kann kein Anspruch auf merkantilen Minderwert geltend gemacht werden. Dies gilt unabhängig von einer eventuellen vertragsrechtlichen Offenbarungspflicht (AG Bremen zfs 1991, 14).

 

Rz. 222

Bei einem Bagatellschaden fällt in der Regel sogar bei einem Neufahrzeug kein merkantiler Minderwert an (LG Zweibrücken zfs 1984, 101). Vorsichtshalber sollte dazu aber ein Sachverständiger befragt werden.

 

Rz. 223

Eine merkantile Wertminderung kommt vor allem bei Pkw, aber auch bei Motorrädern in Betracht. Bei Lkw bedarf es zur Ermittlung der Wertminderung ggf. der Hinzuziehung eines auf dem Lkw-Markt erfahrenen Sachverständigen (BGH VersR 1980, 47).

 

Rz. 224

Hatte das Fahrzeug bereits einen Vorschaden, kommt in der Regel bei einem weiteren Schaden keine (erneute) oder zumindest nur eine verminderte Wertminderung in Betracht (OLG Celle VersR 1973, 717). Auch hierzu kann ein Sachverständiger im Zweifel klärend beitragen.

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