Rz. 110
Fälle, in denen das Vorliegen grober Fahrlässigkeit verneint wurde (vgl. oben Rdn 103):
Wird der Beladevorgang wegen Platzregens unterbrochen und wird Gepäck alsdann aus dem verschlossenen, vor dem Haus geparkten Kraftfahrzeug gestohlen, wurde grobe Fahrlässigkeit nicht angenommen.
Auch das Belassen von Reisegepäck in der Zeit zwischen 11.00 Uhr und 15.30 Uhr im verschlossenen Pkw in Florenz für die Dauer einer Stadtbesichtigung, der im Gesichtskreis des Hotelportiers abgestellt wurde, wurde nicht als grob fahrlässig bewertet. Auch wenn ein Fotoapparat in einer verschlossenen Reisetasche im Gepäckraum eines Busses transportiert und gleichwohl gestohlen wird, wurde keine grobe Fahrlässigkeit gesehen, da eine greifbare Diebstahlsgefahr nicht begründet wurde. Ebenfalls wurde keine grobe Fahrlässigkeit bei Diebstahl von Gepäck zwischen 7.30 Uhr und 10.00 Uhr in einer mitteleuropäischen Großstadt (Amsterdam) aus vor dem Hotel geparktem Auto festgestellt, dessen Kofferraum verschlossen war.
Auch lag keine grobe Fahrlässigkeit vor, wenn Reisgepäck auf dem Rücksitz abgelegt wird, weil der Kofferraum mit anderem Gepäck bereits gefüllt ist. Es besteht Versicherungsschutz für Gepäck in einem verschlossenen Pkw, der zwischen 18.00 Uhr und 22.00 Uhr in der Hafenstraße in Hamburg geparkt wurde. Ebenso, wenn ein wertvoller Leopardenmantel im Kofferraum eines Autos mit eingeschalteter Alarmanlage vor einem erleuchteten Hotel belassen wird.
Rz. 111
Kurzes Einschlafen während einer längeren Bahnfahrt schadet nicht, wenn mit einem Mitreisenden wechselseitige Beobachtung des Reisegepäcks vereinbart, aber gleichwohl Reisegepäck entwendet wird. Gleiches gilt für kurzfristiges Verlassen des Abteils. Anderseits wird jedoch grobe Fahrlässigkeit bejaht, wenn einem Schlafenden in einem leeren Zugabteil eine sehr wertvolle Armbanduhr unbemerkt vom Handgelenk gestohlen wird. Hier hatte der Versicherte keinerlei Sicherungsmaßnahmen, z.B. das Abdecken der Uhr unternommen.
Versicherungsschutz wurde auch bejaht, wenn einem Anhalter beim Aussteigen aus dem Fahrzeug der Rucksack dadurch entwendet wird, dass der Fahrer plötzlich davonfährt.
Auch ist der Diebstahl einer Reisetasche von einem in einer Warteschlange mitgeschobenen Kinderwagen (vgl. Rdn 16) nicht grob fahrlässig verursacht worden.
Auch der bereits oben erwähnte Beischlafdiebstahl (vgl. Rdn 21) wurde nicht als grob fahrlässig bewertet, weil die Dame dem Versicherungsnehmer am Vorabend ihren Personalausweis gezeigt und das Kennenlernen nicht in einem verdächtigen Milieu stattgefunden hatte.