Rz. 52
Punkt 8.1 AVB Reisegepäck 1992/2021 setzt als Risikoabgrenzung voraus, dass die versicherte Person eine Reise unternimmt und diese Reise zeitlich nach Beginn des Versicherungsvertrages liegt. Fahrten, Gänge und Aufenthalte innerhalb des ständigen Wohnortes des Versicherten gelten nicht als Reisen (Punkt 8.4 AVB Reisegepäck 1992/2021). In Abweichung zu Punkt 2.2.4 AT-Reise 2008, wo eine Reise am Wohnsitz des Versicherten beginnt, wird in Punkt 8.4 AVB Reisegepäck 1992/2021 auf den Wohnort abgestellt. Zweifelhaft ist hier eine unterschiedliche Bewertung dieser beiden Begriffe, denn sie werden vom durchschnittlichen Versicherungsnehmer identisch ausgelegt. Der Wohnsitz/-ort ist somit die jeweilige kleinste politische Einheit (Gemeinde, Bezirk), in der die genutzte Wohnung liegt. Damit braucht es, um den Begriff der Reise zu erfüllen, in einer Großstadt nicht unbedingt der Überschreitung der Stadtgrenzen.
Rz. 53
Fahrten des Versicherten von seiner Wohnung durch seine Wohnortgemeinde, die im Zusammenhang mit der Reise stehen, unterfallen dem Versicherungsschutz. Das ergibt sich schon aus der Formulierung in Punkt 8.1 AVB Reisegepäck 1992/2021, wonach Versicherungsschutz seit dem Zeitpunkt besteht, zu welchem die versicherten Sachen aus der ständigen Wohnung des Versicherten entfernt werden und alsdann unverzüglich die Reise angetreten wird. Nicht anders wird der Fall beurteilt werden können, dass der Versicherungsnehmer mit beladenem Kraftfahrzeug zunächst eine Tankstelle innerhalb seiner Wohnortgemeinde ansteuert, dort volltankt und alsdann zum Reiseziel weiterfährt. Fährt der Versicherungsnehmer aber von seiner Wohnung zunächst zu dem innerhalb seines Wohnortes gelegenen Grab seiner Mutter, nimmt dort Abschied und setzt alsdann die Reise fort, soll Versicherungsschutz nicht bestehen, weil ein unmittelbarer Zusammenhang mit der Reise nicht gewahrt ist. Dies ist nicht unumstritten, da es keine Verpflichtung gibt, die kürzeste Route zu nehmen.
Rz. 54
Nach Entfernung der versicherten Sachen aus der Wohnung des Versicherten ist die Reise unverzüglich anzutreten. "Unverzüglich" wird man im Sinne der Legaldefinition des § 121 Abs. 1 BGB als "ohne schuldhaftes Zögern" verstehen müssen. Damit ist in Punkt 8.1 AVB Reisegepäck 1992/2021 eine verhüllte Obliegenheit enthalten. Sie ist verletzt, wenn der Versicherte, der in der Nähe der österreichischen Grenze wohnt, mit beladenem Fahrzeug zunächst zum Tanken über die Grenze fährt in der Absicht, zu seiner Wohnung zurückzukehren und von dort die Reise anzutreten, und auf dem Rückweg zur Wohnung Reisegepäck zu Schaden oder abhandenkommt.
Rz. 55
Belädt ein Versicherungsnehmer ein Fahrzeug mit Gepäck, verschiebt dann aber die Abfahrt wegen auftretenden Nebels und versucht etwa zwei Stunden lang schließlich mit Erfolg, am Zielort lebende Verwandte von einer voraussichtlich späteren Ankunft telefonisch zu informieren, wird dann das Fahrzeug aufgebrochen und Gepäck gestohlen, ist der Versicherer nicht eintrittspflichtig, weil die Reise nicht unverzüglich angetreten sei. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass der Versicherte, der wegen plötzlich auftretender widriger Witterungsverhältnisse auf einen alsbaldigen Reiseantritt verzichtet, häufig zugunsten des Versicherers die nach Punkt 2.2 c AVB Reisegepäck 1992/2021 versicherte Gefahr eines Unfalls bzw. Transportmittelunfalls minimiert. Kein unverzüglicher Reiseantritt liegt vor, wenn nach dem Beladen des Fahrzeuges noch eine gemeinsame Mahlzeit eingenommen oder das Kleinkind gefüttert wird.
Rz. 56
Auch eine Reise ohne Wiederkehr kann eine Reise i.S.v. Punkt 8.1 AVB Reisegepäck1992/2008 sein. Wenn die versicherte Person von Deutschland nach Australien auswandert, den Hausrat per Schiffscontainer vorausschickt und selbst unter Mitnahme persönlicher Dinge im Flugzeug nachfolgt, besteht Versicherungsschutz, wenn die Reisekoffer nach Ankunft in Australien während einer Autofahrt, die der endgültigen Wohnsitzsuche dienen soll, aus dem Kofferraum gestohlen werden.
Auch für zwei Reisen innerhalb der Vertragsdauer besteht Versicherungsschutz. Die ursprünglich länger geplante Reise des Versicherungsnehmers musste abgekürzt werden, worauf er sich entschloss, nach Hause zurückzufahren und von dort eine zweite Reise anzutreten, in deren Verlauf es dann zum Schadenfall kam.
Rz. 57
Genauso wie bei Reiseantritt die Obliegenheit besteht, das Gepäck aus dem in aller Regel gut gesicherten Raum der ständigen Wohnung erst dann zu entfernen, wenn auch unverzüglich die Reise angetreten werden kann, gilt umgekehrt bei Reisen im Kraftfahrzeug, dass das Reisegepäck unverzüglich nach Ankunft vor der ständigen Wohnung, was auch der nächste freie Parkplatz in der Nähe sein kann, zu entladen ist. Andernfalls endet der Versicherungsschutz bereits bei der Ankunft (Punkt 8.1 S. 2 AVB Reisegepäck 1992/2021).
Rz. 58
Punkt 8.2 AVB Reisegepäck 1992/2021 enthält eine Verlängerungsklausel für kurzfristige Verträge. Der Versicherungsschu...