Patricia Goratsch, Florian Enzensberger
Rz. 81
Für den Fall, dass sich die Bildung einer Erbengemeinschaft nicht verhindern lässt, sollte unbedingt darauf hingewirkt werden, dass der Erblasser in seiner letztwilligen Verfügung Anordnungen trifft, um die spätere Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft zu erleichtern. Hierdurch lassen sich einzelne Gegenstände aus dem Nachlass bestimmten Personen zuordnen. Dies kann grundsätzlich durch folgende Stilmittel geschehen:
▪ |
Teilungsanordnung |
▪ |
Vorausvermächtnis |
▪ |
Übernahmerecht. |
1. Teilungsanordnung (§ 2048 BGB)
Rz. 82
Will der Erblasser einem Miterben einen bestimmten Gegenstand unter Anrechnung auf seinen Erbteil zuwenden, dann ist die Anordnung als Teilungsanordnung zu bezeichnen. Entgegen dem Grundprinzip der Gesamtrechtsnachfolge kann der Erblasser mittels Teilungsanordnung über die Zuwendung einer bestimmten Quote hinaus sein Vermögen gegenständlich den Erben zuordnen.
Muster 7.3: Teilungsanordnung
Muster 7.3: Teilungsanordnung
Ich setze zu meinen Erben meine beiden Söhne _________________________, geb. am _________________________, und _________________________, geb. am _________________________, je hälftig ein.
Für die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft ordne ich folgendes an: Mein Sohn _________________________ erhält im Wege der Teilungsanordnung und somit in Anrechnung auf seinen Erbteil das Hausanwesen in _________________________, eingetragen im Grundbuch von _________________________, Fl. Nr. _________________________.
Meine Tochter _________________________ erhält im Wege der Teilungsanordnung und somit in Anrechnung auf ihren Erbteil das Wertpapierdepot _________________________ bei der _________________________-Bank in _________________________ mit dem Bestand am Todestag.
Rz. 83
Die Teilungsanordnung führt nicht zu einer wertmäßigen Besserstellung eines Miterben. Es kann aber zu Streitigkeiten über die Wertbestimmung kommen, wenn ein über den Erbteil hinausgehender Wert unter den Erben auszugleichen ist. Hier kann der Erblasser durch die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers, der im Streitfall als Schiedsgutachter verbindlich entscheiden kann, vorbeugen. Überdies ist der Erblasser auch befugt, in einem Testament für die Erbauseinandersetzung bindend den Wert eines zum Ausgleich herangezogenen Gegenstands festzulegen. Zusammen mit der Anordnung einer Testamentsvollstreckung ist es dem Erblasser möglich, die Umsetzung seines letzten Willens mit größtmöglicher Sicherheit zu gewährleisten, da die Anordnungen des Erblassers gem. § 2048 BGB Vorrang vor den gesetzlichen Vorschriften über die Auseinandersetzung nach §§ 749 ff., 2042 BGB haben.
Eine einseitige Ausschlagung durch den Begünstigten einer Teilungsanordnung ist grundsätzlich nicht möglich, da ihm insoweit eine Verpflichtung gegenüber den Miterben zur Durchführung der vom Erblasser gewünschten Teilungsanordnung obliegt. Die Erben sind jedoch nicht verpflichtet, die Teilungsanordnungen durchzuführen. Sofern unter den Miterben Einigkeit erzielt werden kann, besteht auch die Möglichkeit sich einvernehmlich über die Auseinandersetzungsanordnung hinwegzusetzen. Um dies zu verhindern bleibt dem Erblasser nur die Möglichkeit, einen Testamentsvollstrecker einzusetzen, der darauf achtet, dass die von Seiten des Erblassers gewünschten Teilungsanordnungen auch tatsächlich umgesetzt werden.
Rz. 84
Praxishinweis
Die Teilungsanordnung ist ausdrücklich als Beschränkung in § 2306 BGB aufgelistet, sodass, für den Fall, dass ein Pflichtteilsberechtigter damit beschwert ist, er die Erbschaft ausschlagen und stattdessen seinen Pflichtteil verlangen kann. Andernfalls bleibt die Belastung bestehen.
2. Vorausvermächtnis (§ 2150 BGB)
Rz. 85
Will der Erblasser einem Miterben etwas vorab zukommen lassen, ohne dass dieser sich den Zuwendungswert auf seinen Erbteil anrechnen lassen muss, kann dies durch Bestimmung eines Vorausvermächtnisses erfolgen. Ein Vorausvermächtnis stellt die vermächtnisweise Zuwendung eines Rechts oder Gegenstandes an einen Erben dar. Es handelt sich um ein Gestaltungsmittel, um einem der Erben einen bestimmten Gegenstand zu übertragen, ohne dass diesbezüglich eine Anrechnung auf seinen Erbteil erfolgt. Ein Wertausgleich findet nicht statt.
Rz. 86
Bereits vor der Nachlassteilung hat der Vorausvermächtnisnehmer einen Anspruch auf Übertragung des vermachten Gegenstandes durch die anderen Erben, ohne dafür einen Wertausgleich vornehmen zu müssen. Bei der späteren Teilung des Nachlasses erhält der Vorausvermächtnisnehmer dann seinen ungekürzten Erbteil am verbleibenden Nachlass entsprechend der festgelegten Quote. Das Vorausvermächtnis stellt eine Nachlassverbindlichkeit i.S.d. § 1967 Abs. 2 BGB dar.
Rz. 87
Das Vorausvermächtnis bringt dem Erben eine Reihe von Vorteilen. Beim Erbschaftskauf bleibt das Vorausvermächtnis unberührt (§ 2373 BGB). Die Erfüllung des Vorausvermächtnisses kann schon vor der Erbauseinandersetzung verlangt werden. Ferner unterliegt das Vorausvermächtnis grundsätzlic...