Rz. 219

Oft wird dem Antragsteller nur für einen Teil der beabsichtigten Rechtsverfolgung bzw. Rechtsverteidigung VKH bewilligt. Erscheint das beabsichtigte Verfahren nur teilweise aussichtsreich, so wird das Gericht auch nur teilweise VKH bewilligen und der Rechtsanwalt wird nur insoweit beigeordnet, wie auch VKH bewilligt wurde.

 

Rz. 220

 

Beispiel

Gegen den Antragsgegner ist ein Verfahren auf Zahlung von Zugewinnausgleichsansprüchen in Höhe von 25.000,00 EUR anhängig. Das Familiengericht bewilligt dem Antragsgegner VKH wegen eines Teilbetrages in Höhe von 5.000,00 EUR und ordnet ihm insoweit Rechtsanwalt F bei. Im Übrigen wird die weitere Bewilligung von VKH mangels Erfolgsaussichten abgelehnt. Rechtsanwalt F kann nun auch nur Gebühren aus einem Wert von 5.000,00 EUR von der Staatskasse erstattet verlangen, denn nur insoweit ist VKH bewilligt worden.

 

Rz. 221

 

Praxistipp

Bei teilweiser Bewilligung von VKH dürfen Differenzvergütungsansprüche gegenüber dem Mandanten geltend gemacht werden, soweit der Gegenstand nicht von VKH umfasst war.

 

Rz. 222

Wie im Einzelnen in einem solchen Fall mit dem Mandanten abzurechnen ist, ist strittig. Es soll hier die in der überwiegenden Rechtsprechung und Literatur vertretene Auffassung vermittelt werden. Da die Rechtsprechung sich auf ein Urteil des BGH stützt, wird auf die anderen Berechnungsmethoden zur Vermeidung von Verwirrung nicht näher eingegangen.

Die Abrechnung hat wie folgt zu geschehen:[222]

 

Rz. 223

 

Beispiel

Verfahrensgebühr

1,3 Wahlanwaltsgebühr aus dem Gesamt-Gegenstandswert
abzüglich 1,3 Wahlanwaltsgebühr aus dem Teil des Gegenstandswertes, wegen welchem dem Antragsteller VKH bewilligt worden ist.

Das Ergebnis ergibt den Betrag, den der Mandant zu tragen hat. Diese Art der Berechnung ist für jede entstandene Gebühr vorzunehmen. Neben diesen Gebühren erhält der Rechtsanwalt selbstverständlich die Gebühren aus dem "bewilligten Wert" von der Staatskasse erstattet. Diese Gebühren sind der Tabelle zu § 49 zu entnehmen. Zu beachten ist, dass der Rechtsanwalt zwar nur die Gebühren nach der Tabelle zu § 49 RVG aus der Staatskasse erstattet erhält, gegenüber der Abrechnung mit dem Mandanten jedoch eine Gebühr nach § 13 RVG in Abzug bringen muss. Würde er nur die § 49-er Gebühr abziehen, würde er über diesen Weg die Abrechnungssperre aus dem VKH-Wert nach § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO umgehen.

 

Rz. 224

Muster 9: Musterrechnung 7.9: Teilweise Bewilligung von VKH – Durchführung Verfahren wegen vollem Betrag – Abrechnung mit Mandant

 

Musterrechnung 7.9: Teilweise Bewilligung von VKH – Durchführung Verfahren wegen vollem Betrag – Abrechnung mit Mandant

Herr M. möchte Zugewinnausgleichsansprüche in Höhe von 37.800,00 EUR gerichtlich geltend machen. Er beauftragt Rechtsanwalt K, ihn zu vertreten und den gesamten Anspruch durchzusetzen, unabhängig davon, ob und ggf. in welchem Umfang ihm VKH bewilligt wird. Das Familiengericht gewährt wegen eines Teilbetrages in Höhe von 10.000,00 EUR VKH. Es wird streitig verhandelt. Im Anschluss an eine Beweisaufnahme verkündet das Gericht einen Beschluss, wonach der Antragsgegner antragsgemäß verpflichtet wird. Rechtsanwalt K hat nun folgenden Gebührenanspruch gegen seinen Mandanten:

1. Abrechnung gegenüber Mandant:

 

1,3 Verfahrensgebühr aus 37.800,00 EUR

Wahlanwaltsgebühr Nr. 3100 VV RVG
1.316,90 EUR

abzüglich 1,3 Verfahrensgebühr aus 10.000,00 EUR

Wahlanwaltsgebühr Nr. 3100 VV RVG
./. 725,40 EUR
Restbetrag Verfahrensgebühr 591,50 EUR

1,2 Terminsgebühr aus 37.800,00 EUR

Wahlanwaltsgebühr Nr. 3104 VV RVG
1.215,60 EUR

abzüglich 1,2 Terminsgebühr aus 10.000,00 EUR

Wahlanwaltsgebühr Nr. 3104 VV RVG
./. 669,60 EUR
Restbetrag Terminsgebühr 546,00 EUR
Zwischensumme 1.137,50 EUR
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 216,13 EUR
Summe 1.353,63 EUR

(Auslagenpauschale rechnet Rechtsanwalt K mit der Staatskasse ab, in jedem Rechtszug nur einmal, anders bei Einzelberechnung, wenn gesondert Auslagen auf Wahlanwaltsgebühren entstehen).

Gegenüber der Staatskasse macht Rechtsanwalt K noch geltend:

2. Abrechnung gegenüber Staatskasse

Gegenstandswert: 10.000,00 EUR

 

1,3 Verfahrensgebühr aus 10.000,00 EUR

§§ 2 Abs. 2, 49 RVG, Nr. 3100 VV RVG
399,10 EUR

1,2 Terminsgebühr aus 10.000,00 EUR

§§ 2 Abs. 2, 49 RVG, Nr. 3104 VV RVG
368,40 EUR
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Zwischensumme 787,50 EUR
19 % USt., Nr. 7008 VV RVG 149,63 EUR
Summe 937,13 EUR

Gegenprobe:

 
die Verfahrensgebühr, die Rechtsanwalt K von seinem Mandanten erhält, beträgt 591,50 EUR
die Verfahrensgebühr, die von der Staatskasse erstattet wird, beträgt 399,10 EUR
Zusammen 990,60 EUR

addiert sind diese Gebühren nicht höher als eine 1,3 Gebühr aus dem Gesamtwert

(1,3 aus 37.800,00 EUR = 1.316,90 EUR, § 15 Abs. 5 RVG).

[222] So z.B. auch: VG München, Beschl. v. 1.12.2014 – M 24 M 14.31118, BeckRS 2015, 43622.

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