Rz. 3

Bereits in dem ersten Satz dieses Paragrafen stolpern wir über das Wort "Anhängigkeit". Das Pendant zu der Anhängigkeit ist die Rechtshängigkeit.

Anhängig ist ein Rechtsstreit in einem Zivilprozess mit der Einreichung der Klage-/­Antragsschrift beim Gericht.

Rechtshängig ist ein Rechtsstreit in einem Zivilprozess mit der Zustellung der ­Klage-/Antragsschrift an den Beklagten/Antragsgegner. Bis zu dem Zeitpunkt der erfolgten Zustellung der Klage/des Antrags an den Beklagten ist der Rechtsstreit erst anhängig.

 

Rz. 4

 

Beispiel 1:

Mandant M beauftragt RA R mit der Klageerhebung. RA R fertigt die Klageschrift und reicht diese bei dem AG ein. Mit dem Eingang der Klage bei Gericht ist der Rechtsstreit anhängig.

Sobald die Zustellung der Klageschrift an den Beklagten erfolgt, ist der Rechtsstreit nicht mehr anhängig, sondern rechtshängig.

 

Rz. 5

Die Rechtshängigkeit hat folgende Wirkung:

Hemmung der Verjährung § 204 Abs. 1 BGB,
 

Rz. 6

 

Hinweis:

Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden, die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 BGB gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung – also mit Anhängigkeit – ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt (§ 167 ZPO), sog. Rückwirkung der Zustellung. Die Partei soll bei der Zustellung von Amts wegen vor Nachteilen durch Zustellungsverzögerungen innerhalb des gerichtlichen Geschäftsbetriebs, auf die sie keinen Einfluss hat, bewahrt werden. Bei der Einreichung von Klagen genügt demnach der rechtzeitige Eingang bei Gericht (s.a. Zimmermann, § 167 ZPO Rn 1, BGH, Urt. v. 18.7.2008 – I ZR 109/05, Rn 20 f.).

 

Rz. 7

 

Beispiel 2:

Der Kläger reicht die Klageschrift am 31.12.2014 um 18.30 Uhr bei dem AG ein. Am 1.1.2015 wäre sein Anspruch verjährt. Rechtshängig wird der Rechtsstreit durch die wesentliche spätere Klagezustellung an den Beklagten. Gem. § 204 Abs. 1 BGB wird die Hemmung der Verjährung durch Rechtshängigkeit begründet. In dem Beispielfall ist lediglich Anhängigkeit des Rechtsstreits gegeben.

Ist der Anspruch des Klägers nun verjährt, da die Klage am 1.1.2015 noch nicht rechtshängig ist?

Diese gesetzliche Regelung kann durch die Vorschrift des § 167 ZPO "durchbrochen" werden, wenn die Zustellung nach dem Gesetzeswortlaut des § 167 ZPO "demnächst" erfolgt. Der Anspruch ist demnach nicht verjährt.

 

Rz. 8

Weitere Folgen der Rechtshängigkeit:

Verzugseintritt des Beklagten (spätestens) durch Klageerhebung, § 286 Abs. 1 Satz 2 BGB,
Festlegung des Haftungsumfangs des Beklagten bei einem Herausgabeanspruch des Klägers gem. § 292 Abs. 1 BGB,
Anspruch auf Prozesszinsen, §§ 291, 288 BGB,
nach Rechtshängigkeit ist keine anderweitige Anhängigkeit möglich, § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO,
Zuständigkeit des angerufenen Prozessgerichts bleibt auch im Fall einer eintretenden und begründeten Veränderung der Zuständigkeit bestehen, § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO,
Möglichkeit der Veräußerung und Veränderung von Rechten, die Streitgegenstand des Verfahrens sind, bleibt gem. den Vorschriften der §§ 265, 266 ZPO bestehen.

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