Rz. 61
Für alle unter die Regelverjährung fallenden Ansprüche gelten die in § 199 Abs. 2 bis 4 BGB genannten Verjährungsfristen von zehn bzw. 30 Jahren als absolute Höchstfristen mit objektiv bestimmtem, kenntnisunabhängigem Beginn, die als Ausgleich der subjektiven Voraussetzung für den Verjährungsbeginn (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB) die Verjährungszeit begrenzen. Neben einer Jahresschlussverjährung gem. §§ 195, 199 Abs. 1 BGB läuft also eine zweite (objektive) Verjährungsfrist gem. § 199 Abs. 2 bis 4 BGB. Nach Ablauf dieser Höchstfristen tritt spätestens die Verjährung ein, auch wenn der Anspruch auf Vorsatz oder Arglist des Schuldners beruht. Diese Maximalfristen beginnen taggenau mit dem festgelegten Zeitpunkt, also nicht gem. § 199 Abs. 1 BGB mit Jahresschluss. Für diese gesetzlichen Fristen gelten die §§ 187 bis 193 BGB als Auslegungsvorschriften (§ 186 BGB). Entsteht z.B. ein Schadensersatzanspruch gegen einen Steuerberater mit Bekanntgabe des belastenden Steuerbescheids (vgl. Rdn 28), so beginnt gem. § 187 Abs. 1 BGB die Höchstfrist des § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB am folgenden Tag um 0.00 Uhr, diejenige des § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BGB mit dem Tag nach der Pflichtverletzung; das Ende dieser Fristen bestimmt sich nach § 188 Abs. 2 Fall 1 BGB.
Da die Maximalfristen echte Verjährungsfristen sind, können diese auch nach §§ 203 ff. BGB gehemmt werden oder gem. § 212 BGB neu beginnen. Deswegen kann die Verjährungszeit die "Höchstfristen" überschreiten.
Diese Maximalfristen können auseinanderfallen, wenn höchstpersönliche Rechtsgüter i.S.d. § 199 Abs. 2 BGB und andere Rechtsgüter i.S.d. § 199 Abs. 3 BGB verletzt werden.
Die Höchstfrist des § 199 Abs. 4 BGB betrifft "andere Ansprüche als Schadensersatzansprüche" und hat deswegen für einen Regressanspruch gegen einen Rechtsberater keine Bedeutung.
a) Schadensersatzanspruch wegen Verletzung höchstpersönlicher Rechtsgüter (§ 199 Abs. 2 BGB)
Rz. 62
Nach § 199 Abs. 2 BGB verjähren Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Diese Regelung gilt auch insoweit, als ein Schadensersatzanspruch gegen einen Rechtsberater solche Rechtsgutsverletzungen betrifft. Ein entsprechender Ersatzanspruch erstreckt sich auf daraus folgende materielle und immaterielle Schäden (§ 253 BGB).
Die Verjährung des § 199 Abs. 2 BGB beginnt für einen vertraglichen oder vorvertraglichen Schadensersatzanspruch mit der Pflichtverletzung, für eine deliktische Schadensersatzforderung mit Begehung der unerlaubten Handlung; insoweit kommt es nur auf den Zeitpunkt an, in dem sich die Schadensursache ereignet, nicht auf denjenigen des Schadenseintritts (vgl. § 187 Abs. 1 BGB).
b) Sonstige Schadensersatzansprüche (§ 199 Abs. 3 BGB)
Rz. 63
Ein Schadensersatzanspruch, der nicht unter § 199 Abs. 2 BGB fällt, sondern – wie regelmäßig bei der Rechtsberaterhaftung – auf den Ausgleich eines Vermögensverlustes gerichtet ist, verjährt
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falls der Anspruch – i.S.d. § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB – entstanden ist, ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von seiner Entstehung an (§ 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB), und |
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ohne Rücksicht auf die Entstehung des Anspruchs und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis – i.S.d. § 199 Abs. 1 BGB – in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an (§ 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BGB), |
wobei die früher endende Frist maßgeblich ist (§ 199 Abs. 3 Satz 2 BGB).
Die zehnjährige Verjährungsfrist des § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB beginnt mit der Entstehung des Schadensersatzanspruchs, also mit Eintritt des Schadens aus einer vertraglichen oder vorvertraglichen Pflichtverletzung oder aus einer unerlaubten Handlung. Die Verjährungsfrist von 30 Jahren (§ 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BGB) beginnt mit der Handlung, die dem Schadensersatzanspruch zugrunde liegt, also – ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt des Schadenseintritts – bei einer vertraglichen oder vorvertraglichen Schadensersatzforderung mit der Pflichtverletzung, beim Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlung mit deren Begehung (vgl. Rdn 62).