Rz. 133
Nach dieser Vorschrift wird eine widerlegbare Vermutung einer unangemessenen Benachteiligung dann begründet, wenn eine AGB-Klausel mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Diese Bestimmung wird der Schwerpunkt der Inhaltskontrolle formularmäßiger Verjährungserleichterungen sein, weil sie an den Rechtsgrundsatz anknüpft, dass die Vorschriften des dispositiven Rechts Leitbildfunktion haben.
Rz. 134
Daraus ergibt sich als Mindestregelung für die Erleichterung der Verjährung vertraglicher Regressansprüche gegen Rechtsanwälte und andere Rechtsberater durch AGB, dass solche Vereinbarungen den Schutz des geschädigten Auftraggebers oder des geschützten Dritten durch die früheren Verjährungsregelungen (§§ 51b, 59m Abs. 2 BRAO a.F.; §§ 45b, 52m Abs. 2 PatAnwO a.F.; §§ 68, 72 Abs. 1 StBerG a.F.; §§ 51a, 56 Abs. 1 WPO a.F., 323 Abs. 5 HGB a.F.) unter Einschluss einer Sekundärhaftung von Rechtsanwälten oder Steuerberatern (vgl. Rdn 3) nicht unterschreiten dürfen.
Der BGH hat schon unter der Geltung des alten Rechts wiederholt entschieden, dass § 68 StBerG a.F. Leitbildfunktion für eine Mindestregelung der Verjährung habe, die nicht durch AGB eingeschränkt werden könne; dies gilt für § 51b BRAO a.F. entsprechend. Der Gesetzgeber des neuen Verjährungsrechts wollte mit dem kenntnisabhängigen Verjährungsbeginn (§ 199 Abs. 1 BGB) – anstelle des kenntnisunabhängigen Verjährungsbeginns nach altem Recht – i.V.m. langen Höchstfristen von zehn bzw. 30 Jahren (§ 199 Abs. 2, 3 BGB) auch die Chancen geschädigter Mandanten oder geschützter Dritter verbessern, Schadensersatzansprüche gegen Rechtsberater durchzusetzen (vgl. Rdn 117).
Rz. 135
Danach darf eine AGB-Klausel, die ein Rechtsanwalt oder anderer Rechtsberater seinem Auftraggeber stellt, die Verjährung eines Schadensersatzanspruchs des Mandanten aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten im Ergebnis höchstens dahin erleichtern, dass ein kenntnisunabhängiger, durch Entstehung des Anspruchs ausgelöster Verjährungsbeginn mit einer Höchstfrist von sechs Jahren ab Entstehung des Anspruchs gelten soll; damit würde eine Verjährungsregelung erreicht, die in England für vertragliche und deliktische Ansprüche gegen Rechtsanwälte auf Ersatz von Vermögensschäden gilt.
Im Schrifttum wird die Ansicht vertreten, eine Vereinbarung, nach der die Verjährung eines Schadensersatzanspruchs kenntnisunabhängig beginnen solle, dürfe die Zehn-Jahres-Frist des § 199 BGB "wohl höchstens halbieren"; nach anderer Meinung darf bei ausschließlich objektivem Verjährungsbeginn die Verjährungsfrist des § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB nur auf sieben bis acht Jahre verkürzt werden. Weiterhin wird angenommen, bei Vereinbarung eines subjektiven Verjährungsbeginns (§ 199 Abs. 1 BGB) dürfe die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB) nicht unterschritten werden.
Rz. 136
Eine Mindestregelung im vorstehenden Sinne muss – über § 309 Nr. 8b Doppelbuchst. ff. BGB hinaus – auch für eine formularmäßige Erleichterung der Verjährung eines werkvertraglichen Schadensersatzanspruchs eines Mandanten gegen einen Rechtsberater gem. § 634 Nr. 4, § 634a Abs. 1 Nr. 3 BGB gelten, weil auch ein solcher Anspruch bisher den besonderen Verjährungsvorschriften für die Rechtsberaterhaftung unterlag.
Rz. 137
Die dargelegte Höchstgrenze für die Erleichterung der Verjährung eines Schadensersatzanspruchs eines Mandanten durch AGB gilt erst recht dann, wenn die Pflichtverletzung des Rechtsberaters zugleich eine unerlaubte Handlung (§§ 823 ff. BGB) ist; in diesem Fall besteht kein Grund für eine Privilegierung des Schädigers.