1. Tatbestandsvoraussetzungen
Rz. 13
Für den Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB) sind nach § 199 Abs. 1 BGB maßgeblich
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die (objektive) Entstehung des Anspruchs (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB), |
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die (subjektive) Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis i.S.d. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB, |
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der Schluss des Jahres, in dem die Umstände des § 199 Abs. 1 Nr. 1, 2 BGB kumulativ vorliegen (§ 199 Abs. 1 Hs. 1 BGB). |
2. Entstehung des Anspruchs (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB) im Allgemeinen
a) Schadensersatzanspruch i.S.d. § 280 Abs. 1 BGB
Rz. 14
Ein Schadensersatzanspruch i.S.d. einheitlichen Haftungsgrundlage des § 280 Abs. 1 BGB wegen vertraglicher oder vorvertraglicher, schuldhafter Pflichtverletzung eines Rechtsberaters, der einen haftungsrechtlich zurechenbaren Schaden im Rechtssinne ausgleichen soll, entsteht i.S.d. § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB mit dem Eintritt eines Schadens aus der Pflichtverletzung; dann kann der Gläubiger auf Erfüllung dieses fälligen Anspruchs klagen.
Ein Feststellungsinteresse für einen künftigen Schadensersatzanspruch besteht i.d.R. nicht, solange der Eintritt eines Schadens ungewiss ist und deswegen noch keine Verjährungsfrist läuft.
Rz. 15
Der Zeitpunkt der Schadensentstehung in der Rechtsberaterhaftung ist gemäß der – fortgeltenden – neuen "Risiko-Schaden-Formel" des BGH dahin zu bestimmen, dass ein Schaden erst dann entsteht, wenn sich die Vermögenslage des Betroffenen durch die Pflichtverletzung ggü. seinem früheren Vermögensstand objektiv verschlechtert; ein Schaden ist dagegen noch nicht eingetreten, solange bei wertender Betrachtung nur das Risiko eines Vermögensnachteils infolge der Pflichtverletzung, also eine entsprechende Vermögensgefährdung besteht (im Einzelnen vgl. dazu Rdn 20 ff.).
Insoweit gilt der Grundsatz der Schadenseinheit (vgl. Rdn 33 ff.).
b) Schadensersatzanspruch i.S.d. § 281 BGB
Rz. 16
Im Schrifttum ist umstritten, wann die Verjährung eines Anspruchs aus § 281 BGB auf Schadensersatz statt der Leistung (wegen Nicht- oder Schlechtleistung des Schuldners) beginnt.
Bei Anwendung des § 326 BGB a.F. entstand ein Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung mit Ablauf der Nachfrist mit Ablehnungsandrohung, weil dann der Erfüllungsanspruch ausgeschlossen war.
Gegen eine entsprechende Anknüpfung des Verjährungsbeginns für einen Schadensersatzanspruch aus § 281 BGB kann Abs. 4 dieser Vorschrift sprechen; danach ist der Anspruch auf die (primär geschuldete) Leistung (erst dann) ausgeschlossen, wenn der Gläubiger statt der Leistung Schadensersatz verlangt hat. Diese neue Bestimmung hat zur Folge, dass – bis zur Ausübung des entsprechenden Gestaltungsrechts des Gläubigers – nach Fristablauf (§ 281 Abs. 1 BGB) bzw. in den gleichstehenden Fällen der Entbehrlichkeit einer Fristsetzung (§ 281 Abs. 2 BGB) der Erfüllungs- und ein Schadensersatzanspruch zunächst nebeneinander bestehen; erbringt der Schuldner die Leistung noch, so erlischt der Schadensersatzanspruch. Erst mit einem Schadensersatzbegehren i.S.d. § 281 Abs. 4 BGB entfällt der Leistungsanspruch. Bis zu diesem Zeitpunkt steht es dem Gläubiger frei, nicht den (sekundären) Schadensersatzanspruch geltend zu machen, sondern auf seinem (primären) Anspruch auf die geschuldete Leistung zu bestehen, die der Schuldner noch unter Behebung seiner Leistungsstörung ordnungsgemäß erbringen kann.
Rz. 17
Daraus wird gefolgert, in den Fällen des § 281 BGB beginne die Verjährung sowohl eines Erfüllungs- als auch eines Schadensersatzanspruchs erst mit einem entsprechenden Verlangen des Gläubigers ggü. dem Schuldner, weil dieses als Voraussetzung der Entstehung des Anspruchs zu werten oder eine Analogie zu § 604 Abs. 5, § 695 Satz 2, § 696 Satz 3 BGB gerechtfertigt sei.
Rz. 18
Vorzuziehen ist jedoch die Gegenansicht, nach der auch die Verjährung eines Schadensersatzanspruchs aus § 281 BGB schon mit dessen Entstehung – vor einem Begehren i.S.d. § 281 Abs. 4 BGB – beginnt; das gilt sowohl bei fruchtlosem Fristablauf i.S.d. § 281 Abs. 1 BGB als auch in den Fällen des § 281 Abs. 2 BGB, in denen die Entstehung des Schadensersatzanspruchs mit einem dort genannten Umstand zusammenfällt. Diese Meinung steht im Einklang mit der herkömmlichen Rechtsprechung des BGH; danach wird auch ein sog. verhaltener Anspruch, der – wie in den Fällen des § 281 BGB – erst auf Verlangen des Berechtigten zu erfüllen ist, grds. sofort mit seiner Entstehung fällig, sodass er mit diesem Zeitpunkt zu verjähren beginnt. Danach kann der Gläubiger die Verjährung eines Schadensersatzanspruchs aus § 281 BGB nicht beliebig hinausschieben; der Schwebezustand bis zu einem Begehren i.S.d. § 281 Abs. 4 BGB kann nicht in Analogie zu Sondervorschriften geregelt werden.