Rz. 28
& Zu 1.
Gewinnt der Arbeitnehmer die Kündigungsschutzklage, so muss der Arbeitgeber aufgrund des Annahmeverzuges den (eventuell seit dem Ablauf der Kündigungsfrist nicht gezahlten) Lohn nachzahlen. Bis zum Erlass des Urteils befindet sich der Arbeitgeber im Annahmeverzug, weil in der Erhebung der Kündigungsschutzklage gleichzeitig das wörtliche Angebot der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers liegt, das der Arbeitgeber nicht angenommen hat. Ab dem Erlass des für den Arbeitnehmer obsiegenden Urteils besteht der Annahmeverzug weiter, bis der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zur Wiederaufnahme der Arbeit auffordert, sodass der Arbeitnehmer auf die Aufforderung warten kann. Aus dem Urteil des Kündigungsschutzprozesses ist allerdings keine unmittelbare Zwangsvollstreckung zur Lohnzahlung möglich. Denn der Antrag einer Kündigungsschutzklage und dementsprechend auch der Urteilstenor enthält keine Verpflichtung zur Lohnzahlung. Stattdessen ist dann eine gesonderte Zahlungsklage zu erheben.
Rz. 29
& Zu 2.
Unter Punkt 2 des Musters ist die rechtliche Situation für den Fall dargestellt, dass mit der Klage kein Weiterbeschäftigungsantrag gestellt wurde. In diesem Fall kann der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber nach dem Urteil zwar die Wiederaufnahme der Arbeitstätigkeit anbieten, sie aber nicht im Wege der Zwangsvollstreckung durchsetzen, da der Tenor des Urteils bezüglich der Weiterbeschäftigung keinen vollstreckungsfähigen Inhalt hat.
Wenn mit der Kündigungsschutzklage auch ein Weiterbeschäftigungsantrag gestellt wurde und dieser erfolgreich war, ist dieser sofort vollstreckbar (§ 62 Abs. 1 ArbGG). In diesem Fall sollte der Rechtsanwalt dem Prozessbevollmächtigten des Arbeitgebers das Angebot zur Wiederaufnahme der Arbeit des Mandanten zukommen lassen, oder der Mandant (Kläger) sucht selbst den Arbeitgeber auf und bietet seine Arbeitskraft an. Lehnt der Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung ab oder zahlt – zur Abwendung der Zwangsvollstreckung – nur den rückständigen und laufenden Lohn, so ist zu entscheiden, ob die Pflicht zur faktischen Beschäftigung im Wege der Zwangsvollstreckung durchgesetzt werden soll. Fordert der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung auf, so muss der Arbeitnehmer der Aufforderung folgen. Ansonsten entsteht kein Lohnanspruch und der Arbeitnehmer fehlt unentschuldigt, sodass das Risiko einer Abmahnung und/oder Kündigung besteht.
Wurde ein Weiterbeschäftigungsantrag gestellt und war dieser erfolgreich, sind die Formulierungen unter 2) aus dem Muster zu entfernen und stattdessen aufzunehmen:
Zitat
"Mit der Kündigungsschutzklage hatten wir den Antrag gestellt, dass Ihr Arbeitgeber Sie in Ihrer bisherigen Tätigkeit weiterbeschäftigen muss. Hierzu ist Ihr Arbeitgeber durch das Urteil verpflichtet worden. Sie können nun entweder selbst zu Ihrer Arbeitsstelle gehen und Ihrem Vorgesetzten mitteilen, dass Sie Ihre Arbeit wieder aufnehmen, oder ich biete Ihrem Arbeitgeber dies schriftlich an. Lehnt Ihr Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung ab oder zahlt nur den rückständigen und laufenden Lohn, so ist zu entscheiden, ob Sie die Pflicht zur faktischen Beschäftigung im Wege der Zwangsvollstreckung durchsetzen möchten. Dies müssen wir dann gemeinsam besprechen."
Rz. 30
& Zu 4.
In Angelegenheiten des Kündigungsschutzes ist die Berufung immer zulässig (§ 64 Abs. 2 ArbGG).
Die Berufungsfrist beträgt gem. § 66 ArbGG einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
Das Landesarbeitsgericht prüft als Berufungsgericht gem. § 513 Abs. 1 ZPO, ob das Urteil des Arbeitsgerichts auf einer Rechtsverletzung beruht oder ob die zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Die Zulassung neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel richtet sich dabei nach der Spezialnorm des § 67 ArbGG.
Rz. 31
& Zu 5.
Da außergerichtlich und in der I. Instanz der Arbeitsgerichtsbarkeit keine gegenseitige Kostenerstattung stattfindet und der Mandant hierauf hingewiesen werden muss (§ 12a Abs. 1 S. 1, 2 ArbGG), ist dem Mandanten vor dem Berufungsverfahren die nun geänderte Situation der Kostenerstattung zu erläutern.