Rz. 84
Neben der Auseinandersetzung nach den gesetzlichen Teilungsregeln (siehe oben Rdn 7 ff.) bleibt es den Erben im Rahmen der Vertragsfreiheit unbenommen, sich einvernehmlich in einem Auseinandersetzungsvertrag abschließend über die Verteilung der Nachlassgegenstände u.Ä. zu einigen. Der Vertrag, mit dem sich die Miterben auf eine Auseinandersetzung einigen, ist grundsätzlich an keine Form gebunden. Zu beachten sind gegebenenfalls Formvorschriften, die sich bei der Übertragung einzelner Nachlassgegenstände in Folge der Auseinandersetzung ergeben. Es liegt jedoch auf der Hand, dass in der Praxis schon aus Beweisgründen mindestens die Schriftform vorzuziehen ist. (Zur Beteiligung minderjähriger Miterben an einem Auseinandersetzungsvertrag siehe § 11 Rdn 57 ff.).
Rz. 85
Der Auseinandersetzungsvertrag zwischen allen Miterben ist eine abschließende Regelung über die endgültige Verteilung des Nachlasses. Selbst wenn ein Miterbe danach mehr erhalten haben sollte, als ihm nach Testament und Gesetz zustünde, ist er den anderen Erben nicht zum Ausgleich verpflichtet: Im Rahmen des Auseinandersetzungsvertrages können "einzelne bevorzugt, andere benachteiligt" werden. In dem Auseinandersetzungsvertrag liegt dann zugleich der Verzicht der übrigen Miterben auf eine bessere Berücksichtigung. Mangels Einigung über die Unentgeltlichkeit wird das "Mehr" jedoch regelmäßig nicht im Wege der Schenkung übertragen, so dass es nicht der Form des § 518 BGB bedarf. Liegt in dem Auseinandersetzungsvertrag eine vergleichsweise Regelung, so ist ein Irrtum über die geregelten Zweifelsfragen zwar bedeutungslos, ein Irrtum über die Vergleichsgrundlage jedoch in den engen Grenzen des § 779 Abs. 1 BGB beachtlich.
Rz. 86
Daher ist bei Abschluss des Auseinandersetzungsvertrages durch den Rechtsanwalt sorgfältig zu prüfen, ob die Interessen des Mandanten bestmöglich durchgesetzt worden sind oder aber der Mandant bestätigt hat, dass er mit einem (Teil-)Verzicht einverstanden ist. Außerdem wird der Anwalt auf eindeutige und zweifelsfreie Formulierungen zu achten haben, die spätere Differenzen über Wirkung und Reichweite des Vertrages verhindern. Verschweigt ein – vermeintlicher – Miterbe, dass er mit dem Erblasser einen Erb- und Pflichtteilsverzicht geschlossen hatte, so berechtigt dies die übrigen – tatsächlichen – Miterben zur Anfechtung des Auseinandersetzungsvertrages wegen arglistiger Täuschung. Denn
Zitat
"hier bestand hinsichtlich des Erbverzichts (§ 2346 BGB) auch ungefragt eine Aufklärungspflicht durch den (vermeintlichen Miterben), da insoweit gegenüber seinen Geschwistern ein Informationsgefälle bestand. Für die Frage, zwischen wem und in welcher Weise eine Erbengemeinschaft auseinandergesetzt wird, ist es von ausschlaggebender Bedeutung, dass einer der im Erbschein genannten Erben in Wahrheit gar nicht Miterbe ist; mithin er also an einer Auseinandersetzung gar nicht teilhaben darf. Zudem besteht auch im Hinblick auf die familiäre Verbundenheit ein Vertrauensverhältnis, welches eine Aufklärungspflicht begründet."
Rz. 87
Muster in Ihr Textverarbeitungsprogramm übernehmen
Muster 8.2: Auseinandersetzungsvertrag (Teilungsvertrag)
(nach Uricher/Rißmann, Erbrecht, § 3 Rn 144)
Teilungsvertrag
zwischen
den gesetzlichen Erben des am 13.8.1936 geborenen und 11.4.2022 verstorbenen Max Meier, wohnhaft zuletzt in Berlin-Mitte, Schillerstraße 15, 10179 Berlin nach E, nämlich
F mit einer Quote von ½
K1 mit einer Quote von ¼
K2 mit einer Quote von ¼
§ 1 Gegenstand des Vertrages
Um die Erbengemeinschaft nach E endgültig und umfassend auseinanderzusetzen, schließen F, K1 und K2 den nachfolgenden Vertrag.
§ 2 Nachlassbestand
Die Erben sind sich einig darüber, dass der Nachlass noch aus folgenden Gegenständen besteht:
1. |
hälftiger Miteigentumsanteil an dem Einfamilienhaus in 10179 Berlin, Schillerstraße 15, eingetragen im Grundbuch vom Berlin-Mitte, Blatt 3942, Flur 2, Flurstück 4914/32 |
2. |
Mehrfamilienhaus in 01069 Dresden, Steinstraße 7, eingetragen im Grundbuch von Dresden, Blatt 2412, Flur 18, Flurstück 349/21 |
3. |
Bar- und Depotvermögen in Höhe von rund 160.000 EUR, wobei hiervon rund 60.000 EUR auf Aktien der Heureka AG entfallen. |
4. |
diverser Hausrat im Einfamilienhaus in Berlin. |
Es bestehen keine Forderungen und keine Verbindlichkeiten.
Hinsichtlich beider Grundbücher ist die Erbengemeinschaft als Eigentümerin eingetragen. Abteilungen II und III der Grundbücher sind jeweils lastenfrei.
§ 3 Verteilung
Der Nachlass wird wie folgt zwischen den Erben aufgeteilt:
1. |
F erhält den hälftigen Miteigentumsanteil des Einfamilienhauses in 10179 Berlin, Schillerstraße 15, eingetragen im Grundbuch vom Berlin-Mitte, Blatt 3942, Flur 2, Flurstück 4914/32 zu Alleineigentum übertragen. Die Erben sind sich einig, dass das Eigentum auf F als Alleineigentümerin übergeht. Sie bewilligen und beantragen, den Eigentumswechsel im Grundbuch einzutragen. Auf die Eintragung einer Auflassungsvormerkung wird allseits verzichtet. Besitz, Nutzungen und Lasten gehen auf F ... |