Rz. 35
In einem ersten Schritt sind bei der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft "zunächst" die Nachlassverbindlichkeiten zu berichtigen, § 2046 BGB.
1. Allgemeines
Rz. 36
§ 2046 BGB soll zugunsten der Miterben verhindern, dass der Nachlass vor Begleichung der Nachlassverbindlichkeiten verteilt wird. Damit weicht § 2046 BGB von den allgemeinen Vorschriften der §§ 2042 Abs. 2, 755 BGB ab, wonach die Begleichung bei der Auseinandersetzung zu erfolgen hätte. Der Grund hierfür liegt in der Haftungsänderung nach der Auseinandersetzung des Nachlasses: Die Erben haften zwar immer noch als Gesamtschuldner (§ 2058 BGB), im Innenverhältnis ist jedoch der Nachlass nicht mehr als Haftungsmasse als solche vorhanden, sondern unter den Erben bereits verteilt (und möglicherweise untergegangen), so dass mögliche Ersatzansprüche der Erben untereinander (§ 426 BGB) nicht oder nur schwer zu befriedigen sind. Darüber hinaus haften die Erben nach der Teilung gegenüber den Nachlassgläubigern nicht mehr lediglich mit dem Nachlass, sondern mit ihrem Eigenvermögen, §§ 2059, 2060 BGB.
Rz. 37
Eine vor Begleichung der Nachlassverbindlichkeiten erhobene Teilungsklage ist unbegründet, weil der Nachlass noch nicht teilungsreif ist (zu Einzelheiten der Teilungsklage vgl. § 9 Rdn 28 ff.). § 2046 BGB entspricht den Regelungen der §§ 733, 1475 BGB.
Rz. 38
Der Anspruch auf Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft gem. § 2042 BGB verjährt nicht, § 758 BGB. Mit der Auseinandersetzung im Zusammenhang stehende Ansprüche, wie beispielsweise der Anspruch auf Verwendungsersatz u.Ä., werden von § 758 BGB jedoch nicht erfasst und verjähren daher nach den jeweiligen Vorschriften.
2. Voraussetzungen
Rz. 39
Was zu den Nachlassverbindlichkeiten i.S.v. § 2046 Abs. 1 S. 1 BGB gehört, ergibt sich aus § 1967 Abs. 2 BGB. "Streitig" oder "nicht fällig" ist eine Nachlassverbindlichkeit i.S.v. § 2046 Abs. 1 S. 2 BGB bereits dann, wenn nur unter den Miterben Streit über die Verbindlichkeit besteht. Im Rahmen der "Zurückbehaltung" hat kein Miterbe Anspruch auf Hinterlegung.
Rz. 40
Zur Berichtigung der Nachlassverbindlichkeiten ist der Nachlass notfalls zu "versilbern", § 2046 Abs. 3 BGB. Dies hat gem. § 2042 Abs. 2 i.V.m. § 753 BGB zu erfolgen. Die Auswahl der Nachlassgegenstände, die zu versilbern sind, ist keine Verwaltungsmaßnahme i.S.v. § 2038 Abs. 1 S. 1 BGB und kann daher von den Miterben nur gemeinschaftlich vorgenommen werden.
Rz. 41
Sind bestimmte Nachlassverbindlichkeiten nur von einigen Miterben zu erfüllen, würde es die anderen Miterben benachteiligen, wenn trotzdem von dem gesamten Nachlass eine "Rückstellung" gebildet werden müsste. Nachlassverbindlichkeiten treffen beispielsweise nur einzelne Miterben, wenn der Erblasser durch Teilungsanordnung bestimmt hat, dass Vermächtnisse oder Auflagen ausschließlich von einzelnen Miterben zu tragen sind. Ebenso gilt es jedoch für den Fall, dass die Pflichtteilslast im Innenverhältnis aufgrund von § 2320 BGB nur einen oder einige Miterben trifft. Für diesen Fall schränkt § 2046 Abs. 2 BGB den Anspruch aus Abs. 1 ein: Da die übrigen Miterben von der Verbindlichkeit nicht betroffen sind, muss "ihr" Anteil auch nicht für die Begleichung herhalten. Durch diese Regelung erfolgt letztlich eine gewisse "Vorab-Auseinandersetzung", da der Anteil des betroffenen Miterben vorab ermittelt werden muss und ggf. auch Nachlassgegenstände versilbert werden müssen. Weil § 2046 Abs. 2 BGB den Grundsatz § 2046 Abs. 1 BGB lediglich einschränkt, ihn jedoch nicht ausschließt, können die Miterben gleichwohl die Berichtigung auch dieser, nur sie betreffenden Nachlassverbindlichkeiten vor der Nachlassteilung verlangen. Dies ist vor allen Dingen mit Blick auf § 2046 Abs. 3 BGB und der Pflicht der Miterben bei der Versilberung mitzuwirken von erheblicher praktischer Bedeutung.
Rz. 42
Gehört eine belastete Immobilie zum Nachlass und soll diese Immobilie aufgrund einer Teilungsanordnung gem. § 2048 BGB einem oder einigen Miterben mit den Verbindlichkeiten zufallen, so brauchen der oder die Erben mit der Ablösung der Verbindlichkeiten nicht abzuwarten, bis der Nachlass insoweit aufgeteilt oder gar die Umschreibung im Grundbuch vollzogen ist. Vielmehr kann er/können sie verlangen, dass die Verbindlichkeiten vor der Teilung des Nachlasses vorab – notfalls durch Versilberung von Nachlassgegenständen, § 2046 Abs. 3 BGB – getilgt werden. Die Tilgung vor Auseinandersetzung ist schon wegen der weitergehenden Haftung nach der Auseinandersetzung gem. §§ 2058 ff. BGB für den Miterben wichtig (vgl. hierzu auch § 6 Rdn 75, 180). Soweit die übrigen Miterben für die Nachlassverbindlichkeit im Rahmen von § 2058 BGB haften, können sie den Anspruch ebenfalls gegen den oder die belasteten Miterben geltend machen.
Rz. 43
Bei Streit über Ausgleichungspflichten nach §§ 2050 ff. BGB soll nach einer Auffassung § 2046 Abs. 1 S. 2 BGB entsprechend gelten. Dies kann nicht überzeugen: Der Ge...