Sebastian Kubik, Dr. iur. Franz-Thomas Roßmann
Rz. 138
Der BGH geht nach neuer Rechtsprechung davon aus, dass durch gerichtliche Umgangsregelung auch gegen den Willen des anderen Elternteils ein Wechselmodell angeordnet werden kann. Entscheidender Maßstab ist das im konkreten Einzelfall festzustellende Kindeswohl. Allerdings ergeben sich beim Wechselmodell vielfältige Probleme, wenn Unterhalt für die betroffenen Kinder geklärt werden muss.
Die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen setzt jedenfalls nicht voraus, dass ein Elternteil die alleinige Obhut über die Kinder hat. Vielmehr reicht aus, dass der Schwerpunkt der tatsächlichen Betreuung von dem unterhaltsbegehrenden Elternteil wahrgenommen wird. In Grenzfällen genügt auch ein nur geringer Betreuungsvorsprung eines Elternteils.
Nach Auffassung der Rechtsprechung liegt daher bei einem Betreuungsanteil der Mutter von 55 % kein Wechselmodell vor.
Liegt hingegen die Betreuungszeit der Eltern jeweils bei ca. 50 % (sog. echtes Wechselmodell), ist eine gerichtliche Übertragung der Befugnis, Unterhalt gegen den anderen Elternteil geltend machen zu können, nach § 1628 BGB erforderlich.
Das OLG Frankfurt begründet dies damit, dass über § 1628 BGB auch die Entscheidungsbefugnis über das "Ob" der Einleitung eines Unterhaltsverfahrens geklärt werden könne. Deshalb sei dieser verfahrensrechtliche Weg gegenüber der Einsetzung eines Ergänzungspflegers vorzugswürdig.
Nach anderer Auffassung wird ein Ergänzungspfleger nach § 1909 BGB für die Geltendmachung von Unterhalt benötigt.
Das OLG Düsseldorf räumt dem Antragsteller beim Wechselmodell ein Wahlrecht zwischen der Bestellung eines Ergänzungspflegers und einem Antrag nach § 1628 BGB ein. Ebenso sieht dies das OLG Brandenburg.
Rz. 139
OLG Zweibrücken räumt ebenfalls ein Wahlrecht ein.
Zitat
1. Wird ein Kind im Rahmen eines paritätischen Wechselmodells betreut, kann ein Elternteil das Kind zur Geltendmachung von Barunterhaltsansprüchen nicht nach § 1629 Abs. 2 S. 2 BGB vertreten, sondern muss entweder die Übertragung der Entscheidungsbefugnis nach § 1628 BGB verlangen oder die Bestellung eines Ergänzungspflegers herbeiführen. Einschlägig ist hier das Recht zur Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen als Teilbereich der Personensorge, nicht aber die Vermögenssorge.
2. Das Jugendamt kann sich gegen die Bestellung als Ergänzungspfleger nicht mit dem Argument zur Wehr setzen, die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten zur Berechnung des Kindesunterhaltsanspruchs im Sonderfall des Wechselmodells seien bei ihm nicht vorhanden.