Dr. iur. Kerstin Diercks-Harms, Dr. iur. Rüdiger Brodhun
Rz. 8
Ist das persönliche Erscheinen vom Gericht nicht angeordnet worden, stellt sich die Frage, ob es ratsam ist, den Mandanten zu bitten, dennoch an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen. Auch bei anwaltlicher Vertretung, kann dem Mandanten u.U. empfohlen werden, den Termin höchstpersönlich wahrzunehmen:
▪ |
Das Gericht wird das persönliche Erscheinen nutzen, um sich einen unvermittelten Eindruck von den Parteien zu verschaffen; schließlich spielt bei der Entscheidung des Gerichts auch die Glaubwürdigkeit der Parteien eine Rolle. Die Art und Weise der Sachverhaltsschilderung durch die Partei könnte das Gericht letztendlich mehr überzeugen als die entsprechende schriftsätzliche Behauptung. |
▪ |
Außerdem wird der Vorsitzende im Zweifel einer persönlich erschienenen Partei direkter und persönlicher erläutern, wo die etwaigen Defizite im bisherigen Sachvortrag liegen und dementsprechend richterliche Hinweise geben, auf welche sich die Partei noch erklären kann. |
▪ |
Kommt es auf eine besondere Sachkunde zur Beurteilung des Falles an, kann der Mandant persönlich dem Gericht – sollte diesem der Sachverhalt noch nicht plausibel geworden sein – bestimmte Punkte zum besseren Verständnis darlegen. Gerade, wenn der Gegner einzelne Behauptungen infrage stellt, können diese sogleich berichtigt werden. |
▪ |
Im Rahmen einer Beweisaufnahme kann der Mandant möglicherweise besser als ein Prozessbevollmächtigter einen Sachverständigen oder Zeugen befragen, weil der Mandant den Sachverhalt besser kennt. Auch kann er ggf. gute ergänzende Fragen stellen. |
▪ |
Sind beide Parteien persönlich erschienen, kommt ein Vergleichsabschluss ohne Widerrufsvorbehalt in Betracht, sodass eine Einigung endgültig zustande kommen kann. Somit besteht nach dem Ende der Verhandlung Rechtssicherheit. |
Rz. 9
Letztendlich dürfte es auf den Einzelfall ankommen, ob dem Mandanten empfohlen werden kann, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen oder nicht. Steht zu befürchten, dass der Mandant dem Druck einer Verhandlung nicht gewachsen ist und er sich möglicherweise, z.B. aus Nervosität, ungeschickt äußern könnte oder bereits aufgefallen ist, dass der Mandant zu emotionalen Äußerungen neigt, kann es angebracht sein, dem Mandanten zu raten, nicht zu erscheinen. Auch wenn noch keine rechtlichen Hinweise nach § 139 Abs. 1 ZPO erfolgt sind und davon ausgegangen werden muss, dass diese in der mündlichen Verhandlung erfolgen, kann es u.U. vorteilhaft sein, im Termin einen Antrag auf Schriftsatznachlass zu stellen, welcher im Zweifel eher nicht bewilligt wird, wenn der Mandant persönlich anwesend ist.