Rz. 48

§ 2333 Abs. 1 Nr. 4 BGB beinhaltet die deutlichste Veränderung des Rechts der Pflichtteilsentziehung, wurde dadurch doch der frühere Entziehungsgrund des § 2333 Nr. 5 BGB a.F. ersetzt. Dieser ermöglichte die Entziehung des Pflichtteils bei einem "ehrlosen und unsittlichen Lebenswandel". Dieser Entziehungsgrund, der auf den Schutz der Familienehre abstellte, wurde schon seit langem als nicht mehr zeitgemäß und rechtspolitisch fragwürdig angesehen.[148] Denn danach sollte demjenigen der Pflichtteil entzogen werden können, der den guten Namen der Familie untergräbt oder sich durch seinen unsittlichen Lebenswandel von dem Familienband gelöst hatte. Wegen des Wandels, aber auch wegen der Pluralität der Wertvorstellungen und der damit einhergehenden Auflösung der staatlichen und gesellschaftlichen Kontrolle der Familienmoral wurde der Anwendungsbereich von § 2333 Nr. 5 BGB a.F. zunehmend problematischer.[149] Daher wurde immer häufiger seine Reform, vom 64. DJT im Oktober 2002 sogar die Streichung des Entziehungsgrundes des "unsittlichen Lebenswandels" gefordert.[150]

[148] AnwK-BGB/Herzog, 2. Aufl., § 2333 Rn 15; Palandt/Edenhofer, 68. Aufl., § 2333 Rn 7; Lange, AcP 204 (2004), 804, 824–826.
[149] MüKo-BGB/Lange, 4. Aufl., § 2336 BGB Rn 15; Palandt/Edenhofer, 68. Aufl., § 2333 Rn 8.
[150] Martiny, S. A 106 f.; dazu Klingelhöffer, ZEV 2002, 293; Lipp, NJW 2002, 2201; vgl. ferner Beschlüsse des 64. DJT NJW 2002, 3073.

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