Rz. 77

Zu Lebzeiten beider Ehegatten kann einer von ihnen einseitig eine wechselbezügliche Verfügung nur in der Form des Rücktritts vom Erbvertrag widerrufen, §§ 2271 Abs. 1 S. 1, 2296 BGB: Die Widerrufserklärung bedarf der notariellen Beurkundung und muss in Urschrift oder Ausfertigung dem anderen Ehegatten zugehen (Praxis: zugestellt werden). Dies gilt auch für das privatschriftliche gemeinschaftliche Testament. Die Übermittlung einer beglaubigten Abschrift reicht nicht aus![103] Nur die Ausfertigung ersetzt nach § 47 BeurkG die Urschrift.

Es soll gewährleistet sein, dass der andere Ehegatte bzw. Lebenspartner von der Widerrufserklärung Kenntnis erlangt und sein Verhalten darauf einrichten kann.

 

Rz. 78

Der Widerruf eines gemeinschaftlichen Testaments befindet sich nach einer vom Erklärenden nicht zu verantwortenden unwirksamen Zustellung (einer beglaubigten Abschrift) weiterhin "auf dem Weg" zum Erklärungsempfänger, solange der Zustellungsauftrag (einer Ausfertigung) vom Auftraggeber nicht als abgeschlossen betrachtet wird. Daher kann durch alsbaldige nachfolgende Zustellung einer Ausfertigung der Widerruf noch wirksam erklärt werden.[104]

 

Rz. 79

Die Widerrufserklärung ist Testament und erfordert deshalb Testierfähigkeit. Es kommt auch Anfechtung dieser Widerrufserklärung nach § 2078 BGB in Betracht.

[103] BGHZ 31, 5; BGHZ 48, 374.
[104] OLG Koblenz ErbR 2017, 627 = ZEV 2017, 713.

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