Rz. 69
Im Rahmen allgemeiner Geschäftsbedingungen werden häufig Gerichtsstandsvereinbarungen für die internationale Zuständigkeit getroffen. Sofern der betreffende Vertrag in den Anwendungsbereich der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Rates vom 12.12.2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (im Folgenden: EuGVVO) fällt, sind anstelle des UN-Kaufrechts sowie der allgemeinen Vorschriften der §§ 307 ff. BGB die Voraussetzungen des Art. 25 EuGVVO zu prüfen (vor dem 10.1.2015 Art. 23 EUGVVO a.F., VO (EG) 44/2001).
Rz. 70
Demnach muss die Gerichtsstandsvereinbarung schriftlich oder mündlich mit schriftlicher Bestätigung vereinbart werden, in einer Form, welche den Gepflogenheiten entspricht, die zwischen den Parteien entstanden sind, oder im internationalen Handel in einer Form, die dem Handelsbrauch entspricht, den die Parteien kannten oder kennen mussten und den Parteien von Verträgen dieser Art in den betreffenden Geschäftszweig allgemein kennen und regelmäßig beachten.
Rz. 71
Hinsichtlich des Schriftformerfordernisses gem. Art. 25 Abs. 1 Satz 3 Buchst. a) EuGVVO hat der EuGH zu der insoweit mit Art. 25 EuGVVO übereinstimmenden Vorgängervorschrift (Art. 17 Abs. 1 EuGVÜ) entschieden, dass es den Erfordernissen einer Schriftlichkeit nicht genügt, wenn eine Gerichtsstandsklausel i.R.d. AGB einer Partei auf der Rückseite eines auf dem Geschäftspapier dieser Partei niedergelegten schriftlichen Vertrages abgedr. ist. Anders wäre dies nur zu beurteilen, wenn der Vertragstext selbst ausdrücklich Bezug nimmt. Gem. Art. 25 Buchst. a), 2. Alt. EuGVVO reicht auch eine schriftliche Bestätigung einer mündlich getroffenen Gerichtsstandsvereinbarung aus. Die Einhaltung dieser sog. "halben" Schriftlichkeit setzt voraus, dass die Parteien mündlich einen Vertrag geschlossen haben, sich dabei beide Seiten erkennbar wenigstens stillschweigend über die Zuständigkeitsregelung geeinigt haben und letzteres von einer Seite in ein Bestätigungsschreiben aufgenommen worden ist. Für die Einigung reicht es nicht aus, dass sich die Parteien mündlich über die Anwendung der eine Gerichtsstandsklausel enthaltenden AGB eines Vertragspartners verständigt haben und diese der anderen Seite bei Vertragsschluss vorlagen. Nach einem Urteil des EuGH gilt die Einigung "nach Treu und Glauben" auch dann als erzielt, wenn ein Vertrag im Rahmen laufender Geschäftsbeziehungen zwischen den Parteien mündlich geschlossen wird und feststeht, dass diese Beziehungen in ihrer Gesamtheit bestimmten AGB unterliegen, die eine Gerichtsstandsklausel enthalten.
Rz. 72
Die Gerichtsstandsklausel kann auch kraft "Gepflogenheit" zwischen den Parteien gem. Art. 25 Abs. 1 Buchst. b) EuGVVO in den Vertrag einbezogen werden. Die Gepflogenheit muss sich gerade auf die besondere Art der Einbeziehung in den Vertrag, nicht die Geltung als solche beziehen.
Rz. 73
Die Gerichtsstandsklausel kann ferner auch kraft internationalen Handelsbrauchs gem. Art. 25 Abs. 1 Buchst. c) EuGVVO Bestandteil des Vertrages sein. Das Institut des kaufmännischen Bestätigungsschreibens gilt grds. als ein solcher Handelsbrauch.
Rz. 74
An dieser Stelle muss noch ergänzt werden, dass die Einbeziehungsvoraussetzungen des Art. 25 EuGVVO auch nicht durch die Vereinbarung eines Erfüllungsortes gem. Art. 75 Buchst. 1 a) EuGVVO umgangen werden können. Zwecks Verhinderung derartiger Konstruktionen sind an diese Vereinbarungen dieselben formalen Voraussetzungen wie an die Gerichtsstandsvereinbarung i.S.d. Art. 25 EuGVVO zu stellen.
Hinweis
Um einen wirksamen Vertragsschluss sicherzustellen, sollte auf Folgendes geachtet werden:
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Der Preis für die den Gegenstand des Kaufvertrages bildende Ware sollte unzweifelhaft bestimmt, zumindest aber bestimmbar sein. |
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Das Vertragsangebot sollte für einen bestimmten Zeitraum unwiderruflich gestellt werden. |
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Die Annahme des Vertragsangebots muss innerhalb der Frist erfolgen; sofern Zweifel bestehen, sollte eine ausdrückliche Klärung mit der anderen Seite herbeigeführt werden. |
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Die Annahmeerklärung darf keine wesentlichen Abweichungen ggü. dem Vertragsangebot aufweisen; auch hier sollte in Zweifelsfällen auf eine ausdrückliche Klärung mit der anderen Seite hingewirkt werden. |
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AGB sind der anderen Vertragspartei in vollständigem Wortlaut, in einer Sprache, auf die sich die andere Seite einlassen muss und v.a. rechtzeitig bis zum Vertragsschluss vorzulegen; die andere Seite darf nicht widersprechen. |
Rz. 75
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Muster 8.3: Schriftformklausel
Änderungen des abgeschlossenen Vertrages bedürfen in jedem Fall einer schriftlichen Bestätigung durch die Parteien. Eine Aufhebung dieser Schriftformklausel kann nur schriftlich erfolgen.