Rz. 308
Wird im gerichtlichen Verfahren eine Einigung auch über in diesem Verfahren nicht anhängige Ansprüche getroffen, entsteht für die Einigung über die nicht anhängigen Ansprüche eine Einigungsgebühr. In einem solchen Fall entsteht die Einigungsgebühr der Nr. 1000 VV RVG mit einem Gebührensatz 1,5, denn für diese nicht anhängigen Ansprüche greift die Ermäßigung entsprechend Nr. 1003, 1004 VV RVG nicht. Der Gebührensatz der Einigungsgebühr beträgt für alle Fälle der Einbeziehung nicht anhängiger Ansprüche 1,5, unabhängig davon, in welcher Instanz diese einbezogen werden.
Rz. 309
Neben der Einigungsgebühr der Nr. 1000 VV RVG muss entsprechend Vorbemerkung 1 Abs. 1 VV RVG eine sog. Betriebsgebühr entstehen (= eine Gebühr, die für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information entsteht). Ist noch keine Geschäftsgebühr entstanden, so entsteht für den Vergleich, der auch nicht anhängige Ansprüche umfasst, eine Verfahrensgebühr. Welche der Verfahrensgebühren entsteht, hängt maßgeblich davon ab, in welcher Instanz der Vergleich erzielt wird. In der ersten Instanz ist die Betriebsgebühr, die neben der besonderen Einigungsgebühr (Nr. 1000 VV RVG) entsteht, die Verfahrensgebühr der Nr. 3101 Nr. 2 VV RVG. In der zweiten Instanz entsteht die Verfahrensgebühr der Nr. 3201 Nr. 2 VV RVG. In der dritten Instanz entsteht die Verfahrensgebühr der Nr. 3207 VV RVG.
Rz. 310
Beide sind nicht auf die Verfahrensgebühr für den rechtshängigen Hauptanspruch anzurechnen. Erforderlich ist nur eine Prüfung nach § 15 Abs. 3 RVG.
Beispiel 1:
Der RA vertritt ein Ehepaar. Rechtshängig ist ein Anspruch i.H.v. 7.000,00 EUR. Im Termin wird ein Gesamtvergleich geschlossen. Mit umfasst von der Einigung sind nicht rechtshängige Ansprüche i.H.v. 4.000,00 EUR.
Vergütungsgeberechnung gem. §§ 2 Abs. 2, 13 RVG
Gegenstandswert: 7.000,00 EUR
1,6 Verfahrensgebühr gem. Nr. 3100 VV RVG |
648,00 EUR |
(0,3 Erhöhung der Verfahrensgebühr gem. Nr. 1008 VV RVG berücksichtigt) |
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1,1 Differenzverfahrensgebühr gem. Nr. 3101 Nr. 2, 3100 VV RVG |
318,40 EUR |
Gegenstandswert: 4.000,00 EUR |
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(0,3 Erhöhung der Verfahrensgebühr gem. Nr. 1008 VV RVG berücksichtigt. |
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Die Gebührenobergrenze gem. § 15 Abs. 3 RVG 1,6 betreffend einen Gegenstandswert |
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i.H.v. 11.000,00 EUR [7.000,00 EUR + 4.000,00 EUR] wurde geprüft.) |
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1,2 Terminsgebühr gem. Nr. 3104 VV RVG |
724,80 EUR |
Gegenstandswert: 11.000,00 EUR |
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1,5 Einigungsgebühr für nicht rechtshängige Ansprüche gem. Nr. 1000 VV RVG |
298,50 EUR |
Gegenstandswert: 4.000,00 EUR |
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1,0 Einigungsgebühr für gerichtliches Verfahren erster Instanz gem. Nr. 1003 VV RVG |
607,50 EUR |
Gegenstandswert: 7.000,00 EUR |
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Zwischensumme der Gebührenforderung |
2.615,20 EUR |
Berechnete Auslagen (§ 1 Abs. 1 VV RVG): |
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Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen gem. Nr. 7002 VV RVG |
20,00 EUR |
Zwischensumme |
2.635,20 EUR |
19 % USt gem. Nr. 7008 VV RVG |
500,69 EUR |
Summe Vergütungsforderung |
3.135,89 EUR |
Rz. 311
Hinweis:
1. |
Die Terminsgebühr der Nr. 3104 VV RVG entsteht nach den addierten Werten beider Vergleiche. |
2. |
War der RA vor der Protokollierung der nicht anhängigen Ansprüche bereits vor- bzw. außergerichtlich tätig, ist i.d.R. auf dem Gegenstandswert der nicht anhängigen Ansprüche eine Geschäftsgebühr der Nr. 2300 VV RVG entstanden. Die Geschäftsgebühr wird auf die Verfahrensgebühr gem. Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG angerechnet. |