Rz. 732
§ 47 RVG Vorschuss
(1) Wenn dem Rechtsanwalt wegen seiner Vergütung ein Anspruch gegen die Staatskasse zusteht, kann er für die entstandenen Gebühren und die entstandenen und voraussichtlich entstehenden Auslagen aus der Staatskasse einen angemessenen Vorschuss fordern. Der Rechtsanwalt, der nach § 138 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, auch in Verbindung mit § 270 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, nach § 109 Absatz 3 oder § 119a Absatz 6 des Strafvollzugsgesetzes beigeordnet oder nach § 67a Abs. 1 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung bestellt ist, kann einen Vorschuss nur verlangen, wenn der zur Zahlung Verpflichtete (§ 39 oder § 40) mit der Zahlung des Vorschusses im Verzug ist.
(2) Bei Beratungshilfe kann der Rechtsanwalt aus der Staatskasse keinen Vorschuss fordern.
Rz. 733
Im Allgemeinen bestimmt § 9 RVG, dass der RA einen Anspruch darauf hat, von seinem Auftraggeber einen Vorschuss zu fordern. Würde § 9 RVG dies nicht bestimmen, wäre der RA, der eine Dienstleistung erbringt, nach den Regelungen des BGB zur Vorleistung verpflichtet. Der RA kann vom Auftraggeber einen angemessenen Vorschuss fordern, der die voraussichtliche Vergütung und voraussichtliche sonstige Auslagen berücksichtigt. I.R.d. Bewilligung von PKH weicht das Vorschussrecht aus § 47 RVG von der Regelung in § 9 RVG ab.
Rz. 734
Ist dem Auftraggeber PKH bewilligt, kann der RA auch einen Vorschuss verlangen. Dieses Recht ist aber beschränkt auf die bereits entstandenen Gebühren. Die Auslagen müssen noch nicht entstanden sein, damit der RA sie als Vorschuss fordern kann. Bei den Auslagen ist es ausreichend, dass diese voraussichtlich entstehen werden.
Rz. 735
Zwischen dem Entstehen einer Gebühr und der Fälligkeit i.S.v. § 8 RVG gibt es große Unterschiede. Bei der Vorschussanforderung gem. § 47 RVG ist es nicht erforderlich, dass die Gebühren bei der Anforderung bereits fällig sind.
Rz. 736
Praxistipp:
Die üblichen Bearbeitungszeiten der Gerichte sind sehr unterschiedlich. Allerdings ist es in vielen Gerichtsbezirken so, dass zwischen dem Antrag auf Erstattung der Vergütung und der Zahlung durch die Justizkasse ein erheblicher Zeitraum vergeht. Nach h.M. hat der RA keinen Anspruch auf Verzinsung seiner Vergütung aus der Staatskasse.
Rz. 737
Aus diesem Grunde sollte regelmäßig ein Vorschuss angefordert werden. Der erste Vorschuss kann bereits gefordert werden, wenn der Bewilligungsbeschluss eingeht. Die Verfahrensgebühr ist dann mit Sicherheit bereits entstanden. Ist zu diesem Zeitpunkt bereits eine Terminsgebühr entsprechend Vorbemerkung 3 Abs. 3, 3. Alt. VV RVG entstanden, kann auch die Terminsgebühr bereits als Vorschuss gefordert werden. Da diese sich nicht aus der Gerichtsakte ergibt, sollten Sie das Entstehen der Terminsgebühr nachweisen, hierzu verweise ich auf die Ausführungen unter Rdn 464 ff. nebst Textmuster.