Rz. 19
In den Einzelabrechnungen wird für (fast) jede Position der gemeinschaftlichen Einnahmen und Ausgaben der auf das einzelne Wohnungseigentum entfallende Anteil ausgewiesen ("Kostenverteilung"). Das erfolgt nicht personenbezogen; es muss vielmehr für jede Sondereigentumseinheit eine Einzelabrechnung geben, auch wenn mehrere Einheiten demselben Eigentümer gehören. Im Ausgangspunkt sind alle Einnahmen und Ausgaben "verteilungsrelevant" und in die Einzelabrechnungen aufzunehmen; insofern gilt der Grundsatz: Die Einzelabrechnungen sind aus der Gesamtabrechnung abzuleiten. Es gibt aber Ausnahmen. Dazu gehören zunächst die Einnahmen und Ausgaben im Gefolge von Vorjahresabrechnungen. Guthabenzahlungen der Gemeinschaft an Eigentümer (Ausgaben) und Zahlungen von Eigentümern an die Gemeinschaft (Einnahmen) im Abrechnungsjahr, die sich auf das Vorjahr beziehen, stellen das Ergebnis der vorangegangen Verteilung (Vorjahresabrechnung) dar; sie sind in der Einzelabrechnung allenfalls informatorisch auszuweisen, aber nicht zur Verteilung zu bringen. Hinsichtlich der Hausgeldzahlungen (Vorschüsse nach dem Wirtschaftsplan) für das abgerechnete Jahr gilt das Gleiche: Sie sind nicht zwingender, sondern allenfalls informatorischer Gegenstand der Einzelabrechnung (→ § 8 Rdn 26); die Zahlungszuflüsse aus Hausgeldzahlungen sind insbesondere nicht über die Einzelabrechnungen zu verteilen. Auch bei den Heizkosten kann das Ergebnis der Gesamtabrechnung nicht 1:1 in die Einzelabrechnung übernommen werden; das ist dem Umstand geschuldet, dass die Heizkostenverordnung keine Verteilung der Ausgaben, sondern der Kosten des Verbrauchs erzwingt (→ § 8 Rdn 81). Entsprechendes gilt bei allen Ausgaben, die beschlussgemäß leistungsbezogen nach Verbrauch abzurechnen sind. Die (wenigen) Unterschiede zwischen der Gesamtabrechnung (Ist-Zahlen) und der Hausgeldabrechnung (den Einzelabrechnungen) sind an geeigneter Stelle nachvollziehbar zu erläutern.
Rz. 20
Der richtige Weg zur Ermittlung des Abrechnungsergebnisses war bis zur WEG-Reform 2020 Gegenstand grundlegender Kontroversen. Bis Anfang des Jahrhunderts war es üblich, dem sich aus der Einzelabrechnung ergebenden Ausgabensaldo die tatsächlichen Beitragszahlungen gegenüber zu stellen und das Ergebnis nach dem Schema zu ermitteln: Anteilige Ausgaben abzgl. geleisteter Vorauszahlungen (Bewirtschaftungskosten) = Abrechnungsergebnis bzw. Abrechnungsssaldo. Dieser allein auf die tatsächlichen Zahlungen abstellende Rechenweg berücksichtigte aber nicht, dass durch den Wirtschaftsplan bereits Zahlungspflichten (Vorschusspflichten) begründet wurden. Im Laufe der Zeit setzte sich deshalb die Auffassung durch, dass die Ansprüche auf Vorschusszahlung nach dem Wirtschaftsplan als Anspruchsgrundlagen bestehen bleiben sollten. Demnach ist dem in der Einzelabrechnung ausgewiesenen Saldo der auf eine Wohnung entfallenden Einnahmen und Ausgaben das Beitragssoll gegenüberzustellen ist, also die Zahlungsverpflichtung, die den Wohnungseigentümer nach dem jeweiligen Wirtschaftsplan für das Abrechnungsjahr trifft. Der BGH spricht insoweit von der "Anpassung der laufend zu erbringenden Vorschüsse an die tatsächlichen Kosten". Das Ergebnis nennt man Abrechnungsspitze. Nur insoweit werden durch den Beschluss der Jahresabrechnung neue Zahlungspflichten begründet. Die mit dem Wirtschaftsplan bereits begründeten Zahlungspflichten werden durch den Abrechnungsbeschluss nicht ersetzt.
Rz. 21
Der Gesetzgeber der WEG-Reform 2020 hat die vorstehend skizzierte Sichtweise der h.M. unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die BGH-Rspr. zum Gesetz erhoben. Zweck der Einzelabrechnungen und Beschlussgegenstand sind also die Abrechnungsspitzen. Als Ergebnis ergibt sich entweder eine Überdeckung (Guthaben bzw. positive Abrechnungsspitze) oder eine Unterdeckung (Nachschuss/Nachzahlung bzw. negative Abrechnungsspitze). Der etwas umständlich wirkenden Formulierung des § 28 Abs. 2 S. 1 WEG sind diese Zusammenhänge nicht so leicht zu entnehmen, aber die Gesetzesbegründung ist eindeutig: "Für den Fall der Unterdeckung stellt § 28 Abs. 2 S. 1 WEG im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs klar, dass der Beschluss über die Jahresabrechnung anspruchsbegründend nur hinsichtlich des auf den einzelnen Wohnungseigentümer entfallenden Betrags ist, welcher die im Rahmen des Wirtschaftsplans beschlossenen Vorschüsse übersteigt. Dieser Betrag wird als Nachschuss bezeichnet." Ob die den Einzelabrechnungen zugrundeliegende Kostenverteilung in Bestandskraft erwächst, ist derzeit nicht geklärt. Dafür spricht – m.E. ausschlaggebend – der Umstand, dass das Ergebnis (Abrechnungsspitze bzw. Nachschuss oder Anpassung der Vorschüsse) von den Verteilerschlüsseln abhängt und dass sich die Wohnungseigentümer gegen eine fehlerhafte Verteilung mit Anfechtungsklage wehren können; dagegen spricht, dass nicht der Inhalt der Einzelabrechnung bzw. die Einzelabrechnung als solche, sondern nur deren Ergebnis beschlossen w...