Rz. 117
Der Eigentümer einer vermieteten Wohnung muss gegenüber seinem Mieter jährlich die Betriebskosten abrechnen. Diese millionenfach praktizierte Angelegenheit war bis zur WEG-Reform 2020 nicht immer unproblematisch, sondern teilweise hoch umstritten. Die Probleme sind aber inzwischen im Wesentlichen eliminiert. Die ehedem gravierendste Divergenz zwischen Jahres- und Betriebskostenabrechnung ist schon lange Rechtsgeschichte: Nach früher h.M. galt im Mietrecht zwingend das Leistungsprinzip; nach dem Leistungsprinzip sind die im Abrechnungszeitraum erbrachten Leistungen ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt der Bezahlung der dazu gehörigen Rechnung abzurechnen. Für die WEG-Jahresabrechnung gilt aber das Abflussprinzip. Dieser Grundkonflikt ist aufgelöst, seit der BGH auch im Mietrecht eine Abrechnung nach dem Abflussprinzip zulässt. Das nächste Problem war der unterschiedliche Umlagemaßstab, denn im Wohnraummietrecht gilt nicht der Umlageschlüssel "Miteigentumsanteile" gem. § 16 Abs. 2 WEG, sondern grundsätzlich "Wohnfläche" gem. § 556a Abs. 1 BGB. Dieses Problem erledigt der neue § 556a Abs. 3 BGB: Demnach sind die Betriebskosten bei vermietetem Wohnungseigentum nach dem zwischen den Wohnungseigentümern jeweils geltenden Maßstab umzulegen; nur wenn dieser Maßstab billigem Ermessen widerspricht, ist nach Wohnfläche umzulegen. Somit kann ein vermietender Eigentümer die umlagefähigen Kosten 1:1 aus der WEG-Jahresabrechnung der betreffenden Wohnung in die Betriebskostenabrechnung übernehmen und an den Mieter weiterreichen. Einer entsprechenden Vereinbarung im Mietvertrag bedarf es nicht mehr.
Rz. 118
Ein vermietender Wohnungseigentümer wird demnach in aller Regel die WEG-Jahresabrechnung zur Grundlage seiner Betriebskostenabrechnung machen; er muss das aber nicht: Die Betriebskostenabrechnung ist gegenüber der Jahresabrechnung ein aliud, hängt nicht von ihr ab und setzt nicht voraus, dass es eine Jahresabrechnung überhaupt gibt. Der Betriebskostenabrechnung muss daher auch nicht eine Kopie der WEG-Jahresabrechnung beigefügt werden. Es ist auch ohne Bedeutung, ob der Abrechnungsbeschluss der WEG angefochten wird. Dies gilt – letztlich aus Praktikabilitätsgesichtspunkten – auch dann, wenn die Betriebskostenabrechnung tatsächlich auf der Grundlage und ggf. unter Beifügung der Jahresabrechnung erfolgte (str.). Damit vermietende Wohnungseigentümer die Betriebskostenabrechnung unproblematisch auf der Basis der WEG-Jahresabrechnung machen können, sollten in letzterer die mietrechtlich (gem. Betriebskostenverordnung) umlagefähigen Kosten von den übrigen Kosten abgesetzt werden. (Selbstverständlich sind die in der Jahresabrechnung als umlagefähig ausgewiesenen Kosten aber nur dann vom Mieter zu tragen, wenn mietvertraglich eine entsprechende Umlagevereinbarung besteht). Eine solche Darstellungsform ist in der Praxis üblich; zwingend ist sie nicht. Wenn der WEG-Verwalter die WEG-Jahresabrechnung pflichtwidrig verspätet oder gar nicht vorlegt, führt das nur ausnahmsweise dazu, dass der vermietetende Eigentümer schuldlos handelt, wenn er die rechtzeitige Abrechnung der Betriebskosten gegenüber seinem Mieter (gem. § 556 Abs. 3 S. 2 BGB muss dies in dem auf das Abrechnungsjahr folgenden Kalenderjahr erfolgen) verpasst; denn nach der (theoretisch richtigen, aber praxisfernen) Auffassung des BGH könnte sich der vermietende Eigentümer die für die Betriebskostenabrechnung erforderlichen Unterlagen per Belegeinsicht bei der Verwaltung besorgen, statt tatenlos auf die Erstellung der WEG-Abrechnung durch den Verwalter zu warten. Wenn dem Eigentümer infolgedessen Nachzahlungsansprüche gegen den Mieter wegen verfristeter Vorlage der Betriebskostenabrechnung abgeschnitten werden, ist die Gemeinschaft (und somit letztlich der Verwalter) für diesen Schaden grundsätzlich ersatzpflichtig (str.).
Rz. 119
Um die Kontrollrechte des Mieters zu wahren, muss der Vermieter ihm die Möglichkeit der Belegeinsicht geben und kann ihn zu diesem Zweck – ungeachtet der Bestandskraft des Abrechnungsbeschlusses der WEG – zur Einsichtnahme in die Abrechnungsunterlagen bevollmächtigen; der Mieter macht dann in Vertretung des Eigentümers das (fast unbeschränkte) Einsichtsrecht geltend (→ § 10 Rdn 251). Bei der Vermietung einer im Gemeinschaftseigentum stehenden Wohnung (typischer Fall: Hausmeisterwohnung) gibt es keine WEG-Einzelabrechnung, aus der die Betriebskostenabrechnung abgeleitet werden könnte; für die Heizkostenabrechnung ist aber eine fiktive Einheit (ohne MEA) zu bilden. – Wegen weiterer Einzelheiten der Betriebskostenabrechnung wird auf die mietrechtliche Literatur verwiesen.